Das Leben, ein Flickenteppich

Im globalisierten Kapitalismus beschleunigen sich alle Verhältnisse. Dauernde Unruhe und Sorge erfassen die Menschen. Die Orientierung am Ziel der Vollbeschäftigung im Papier "Zukunft in Arbeit" ist gerade deshalb die richtige Perspektive

In den Jahren zwischen 2002 bis 2006 müssten die Grundlagen dafür gelegt werden, "dass in Deutschland innerhalb der nächsten Jahre Vollbeschäftigung erreicht werden kann" - das schreiben Hubertus Heil, Nina Hauer, Christian Lange und Christoph Matschie in ihrem Positionspapier "Zukunft in Arbeit". Das ist die richtige Zielperspektive. Aber weshalb eigentlich bleibt die Orientierung am Ziel der Vollbeschäftigung auch in der Zukunft so wichtig?


Eine kaum noch bezweifelte Annahme über die künftige Arbeitsgesellschaft lautet, dass kontinuierliche, überschaubare und sinnhaft verlaufende Erwerbsbiografien von den Arbeitsmärkten der globalisierten Ökonomie nur noch als Ausnahme zugelassen werden. Zur Regel werde die diskontinuierliche, fragmentierte Erwerbsbiographie mit Phasen gewollter und ungewollter Teilzeitarbeit und - so gut wie immer - ungewollter vorübergehender oder anhaltender Erwerbsarbeitslosigkeit. Ulrich Beck hat das die Brasilianisiserung des Arbeitslebens genannt: eine Situation, in der in der Arbeitswelt auf nichts mehr Verlass ist - ganz gleich, wie verheißungsvoll der Auftakt für den Einzelnen nach seiner Ausbildung auch immer gewesen sein mag.


Die Fakten sind bekannt. Ökonomische Globalisierung und beschleunigter technologischer Wandel in der Wissensgesellschaft führen zu schnellem Strukturwandel, zu Arbeitsplatzverlagerungen und zur immer rascheren Entwertung gelernten Berufswissens. Geschätzt wird, dass der Einzelne sein Berufswissen sechs bis acht mal im Verlaufe der Erwerbsbiografie auswechseln muss.


Das hat Folgen. Zum einen den Zwang zum lebenslangen Lernen. Irgendwie wird das ganze Leben zum Moratorium. Dieser Wandel betrifft die meisten der "Glücklichen", die sich auf der Gewinnerseite der Modernisierung behaupten. Ständige Veränderungsbereitschaft, Unsicherheit darüber, wie es wann weitergehen wird, sind die Kehrseite ihrer Lage. Auch Schlüsselqualifikationen, die der Einzelne erwerben mag, schützen ihn vor den Ungewissheiten und Unsicherheiten unabsehbarer Veränderungszwänge nicht. Sie erleichtern ihm allenfalls die Übergänge - solange es solche für ihn gibt.

Wird die Brasilianisierung universell?

Das gilt künftig sogar für viele der Spitzenqualifizierten. Häufige, auch abrupte Entwertungen von Berufswissen, von Erfahrungen und Fachkompetenzen ergeben sich nämlich selbst für die privilegierten Dauerbeschäftigten in den wettbewerbsgeprägten Unternehmen durch die interne Veränderung der Arbeitsplätze. Auf die weniger Glückli- chen warten höchst unterschiedliche und unkalkulierbare Formen von Patchwork-Biografien des Erwerbslebens. Flicken reiht sich an Flicken. Mischungen aus zeitweiliger Erwerbsarbeit im erlernten Beruf, vorübergehender Arbeitslosigkeit, Umschulungen, Teilzeitarbeit, erneuter Arbeitslosigkeit, Weiterbildung und vorübergehender Vollerwerbsarbeit in neuem Tätigkeitsfeld werden zum allgemeinen Schicksal. Wird die Brasilianisierung auf diese Weise wirklich universell?


Richard Sennett hat in seinem Buch Der flexible Mensch darauf hingewiesen, dass Unsicherheit und Ungewissheit, Sorge und Angst die wahrscheinlichen Grundbefindlichkeiten sind, die eine solche unbeeinflussbare Erwerbsbiografie hervorbringt. Langzeitarbeitslosigkeit und geringfügig bezahlte Teilzeitarbeit werden am unteren Ende der Qualifikations- und am oberen Ende der Altersskala zum verbreiteten Erwerbsschicksal. Die Erfahrung breitet sich aus, dass die eigenen Absichten und Wünsche, aber oft auch beharrliche Anstrengungen auf das eigene Schicksal am Arbeitsmarkt wenig Einfluss haben. Ausgrenzung, Ohnmachtsgefühle, Resignation sind die wahrscheinlichen Folgen.

Freiheit und Kontrollverlust

Sennetts These ist überzeugend. Auf diese Weise entsteht etwas Neues, das wir so auch in den kapitalistisch strukturierten Gesellschaften bislang nicht kannten: Der flexible Mensch als kulturelles Produkt der neuen Ökonomie. Unter dem Einfluss des bisher vorherrschenden neoliberalen Glo-balisierungsdiskurses galt Flexibilisierung als positiver gesellschaftlicher Leitbegriff, der letztlich für die Menschen - für alle Menschen - neue Horizonte der Beweglichkeit, der Innovation, der Neugier, der Freude am Lernen, an der Veränderung, am Abschied von der Routine, vom Eingefahrenen bedeutet: eine Art produktiver Offenheit, ja Freiheit in gesteigerten Formen. Das aber ist bloß eine Sicht von oben, der Blick aus der abgesicherten Perspektive derer, die freiwillig das Risiko und den flexiblen Einsatz ihrer Möglichkeiten suchen.


Sennett zeigt anhand von Interviews und biografischen Betrachtungen, dass Flexibilität als Lebensmotto vom unteren Teil der Gesellschaft, von der Mehrheit der Beschäftigten und Beschäftigungslosen und selbst dem Gros der sozialen Mitte, ganz anders erfahren wird: als Verlust von Sicherheit und Kontrolle über das eigene Leben, als Zerreißen sinnvoller Bezüge zwischen der eigenen Leistungsbereitschaft und den erlangten Lebenschancen, als Verweigerung gesellschaftlicher Anerkennung und darum als Quelle von Sorge und Unruhe. Für die Betroffenen verliert Erwerbsarbeit so ihre Rolle als zentrales Element der Identitätsbildung, der sozialen Anerkennung, eben der sinnvollen Ordnung ihrer sozialen Lebenszeit.

Ständige Unsicherheit macht aggressiv

Robert Putnam resümiert die Veränderungen der Arbeit in den Vereinigten Staaten als einen folgenreichen Wechsel im Charakter des "impliziten Arbeitsvertrags". Während dieser in den ersten Nachkriegsdekaden noch auf der informellen Klausel beruhte, dass Leistung und Loyalität Arbeitsplatzsicherheit und Einkommen garantieren, entfällt diese Garantie in der neuen Ökonomie bis hinein ins mittlere Management. Unter dem Druck von Globalisierung, werden downsizing, rightsizing und reengineering zu Unternehmensstrategien, die sich in großen Teilen der Wirtschaft unabhängig von den Konjunkturzyklen fortwährend vollziehen. Eine Gesellschaft, die eine solche prekäre Arbeitswelt mit resignierendem und entschuldigendem Fingerzeig in Richtung Globalisierung hinnimmt, willigt nicht nur in die Verarmung ihres abgehängten unteren Drittels ein, sondern im Grunde auch in ihren eigenen Zerfall. Die Ängste und Aggressionen, die von den fundamentalen Verunsicherungen ausgehen, untergraben die gesellschaftlichen Grundlagen der Zivilität und lähmen den Antrieb für das Engagement in der Zivilgesellschaft. Die Herrschaft des ökonomischen Kapitals, so Putnam, verzehrt das soziale Kapital, ohne das Demokratie und Zivilität früher oder später in Konkurs gehen.


Ulrich Beck und andere haben als Alternative zur schwindenden Erwerbsarbeit einen Typ von "kommunitaristischer" Bürgerarbeit vorgeschlagen, die selbstorganisiert, gleichwertig mit der Erwerbsarbeit gesellschaftlich anerkannt und mit einer Art Bürgergehalt zwar nicht entlohnt, aber doch belohnt werden soll. Nach diesem Plan könnten, heißt es, gleich drei Fliegen mit einer Klappe erledigt werden. Die ihrerseits stets prekäre "kommunitaristische" Bürgerarbeit würde durch den winkenden Lohn vermehrt und stabilisiert, Arbeitslosigkeit durch Umbenennung überwunden und viele der explosiven Probleme der Gesellschaft, etwa im Umfeld von Schule, Betreuung, Wohnwelt und Umwelt, könnten durch das Überangebot arbeitsloser Zeitreicher rasch und umfassend, lebensnah und kostenlos gelöst werden.

Nur die Integrierten leisten "Bürgerarbeit"

Es ist nicht so sehr das Problem der Finanzierung, das diese sympathische Kopfgeburt nicht lebensfähig erscheinen lässt. Bezahlt werden muss die Arbeitslosigkeit ja schließlich auch, und zwar nicht allein mit direkten Zuwendungen, sondern mit hohen und wachsenden sozialen Kosten, die etwa in der Drogenszene, im Polizeidienst und in den Gefängnissen anfallen. Das Vorhaben scheitert - selbst bei phantasievoll organisierter Praxis - an drei ernsten Gebrechen. Erstens wissen wir aus reichhaltiger Erfahrung vieler Länder, dass zur "kommunitaristischen" Bürgerarbeit vornehmlich solche Menschen bereit sind, die gut und stabil in das System der Erwerbswelt integriert sind. Zweitens ist kein Mechanismus vorstellbar, der die Bürgeraktivitäten zur Zufriedenheit der Beteiligten und Betroffenen lizensiert und klassifiziert, damit entschieden werden kann, für was welche Belohnung zu erwarten ist. Und drittens würden die Trittbrettfahrereffekte überwältigend, weil viele sich den laufenden Aktivitäten irgendwie zugesellen, um an der Belohnung teilzuhaben, nicht aber an der Mühe. Dafür gibt es in den weichen Organisationsformen des bürgergesellschaftlichen Engagements kein wirksames Gegengift, es sei den in großen Kontrollbürokratien als gleichsam ironisches komplementäres Beschäftigungsprogramm.

Ohne Erwerbsarbeit stirbt die Selbstachtung

Alle Erfahrungen und Untersuchungen stützen daher das Argument von Armatya Sen: Leitlinie der politischen Zivilisierung des Kapitalismus muss die Teilhabe aller Erwerbsfähigen am Arbeitsleben sein. Allein Erwerbsarbeit schafft jene Bedingungen für die individuelle Selbstachtung und gesellschaftliche Anerkennung, in der Menschenwürde zur realen Erfahrung werden kann. Alle Reformprojekte, die der Erwerbsarbeit für alle Zeit den Abschied geben, und stattdessen auf alternative Formen der Existenzsicherung setzen, greifen darum zu kurz. Auch die Idee eines allgemeinen Bür-gergeldes erfüllt die Bedingungen von Gerechtigkeit als gleicher Würde nur dann, wenn dieses Bürgergeld die unsicheren Übergänge in der prekären Arbeitswelt zu einem neuen Arbeitsplatz anstößt, beschleunigt und erleichtert. Als prinzipielle Alternative zur Erwerbsarbeit taugt es nicht.


Eine andere populäre Illusion sucht den Ausweg aus der Krise der Erwerbsarbeit und den Verunsicherungen der schönen neuen Arbeitswelt in einer verallgemeinerten Kultur der "neuen Selbständigkeit". Jeder möge sein eigener Unternehmer werden. Daran ist sicher richtig, dass in der Wissensökonomie der Bereich zunehmen wird, in dem Firmengründungen der Weg zu Erfolg, Einkommen und Innovation sind. Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Rezept geben freilich zu erkennen, dass es nicht flächendeckend wirken kann. Vielmehr löst es für einige "Gewinner" in den neuen Beratungsberufen das Arbeitsproblem tatsächlich auf luxuriöse Weise. Für viele andere aber bleibt nur eine Scheinselbständigkeit mit Hungerlöhnen, überlangen Arbeitstagen und dem Verlust aller sozialen Sicherheiten, dabei noch täglicher Kündbarkeit. Das bedeutet ein Arbeitsschicksal wie jenes des Proletariats im Frühkapitalismus, aber nun unter der schwer zu durchdringenden Tarnkappe vorgeblicher Selbstständigkeit - wie etwa im Fall von LKW-Fahrern, die zur Einsparung der Sozialkosten selbständig werden, was viel größere Abhängigkeiten schafft als je die geregelte Abhängigkeit im Erwerbsleben.


Der Zugang aller zu ausreichend entlohnter Erwerbsarbeit ist eine Grundforderung sozialer Gerechtigkeit. Empirische Studien über das Schicksal der Erwerbsarbeit kommen zu dem Ergebnis, dass diese Zielsetzung auch in der globalisierten Ökonomie keineswegs illusionär ist. Im Fall der Bundesrepublik lässt sich für die vergangenen zwei Jahrzehnte nur ein schwacher Rückgang der Normalarbeitsverhältnisse feststellen. Diese prägen auch weiterhin weit über die Hälfte der Arbeitsverhältnisse - allerdings bei wachsender Tendenz der Flexibilisierung der Anforderungen und des Zeitrahmens. Eine Erhöhung der Beschäftigtenquote insgesamt würde auch die Arbeitslosenquote deutlich erhöhen. Vom Jahr 2010 an ist in der Bundesrepublik mit einem Arbeitskräftemangel zu rechnen.

Gegen den Markt ist Politik nicht zu machen

Vollbeschäftigung in der Erwerbsarbeit bleibt daher auch makroökonomisch eine realistische Zielsetzung, allerdings unter der Bedingung wachsender Flexibilisierung innerhalb der verbleibenden Mehrzahl der Normalarbeitsverhältnisse und erst recht im zunehmenden Bereich der prekären Arbeitsverhältnisse. Die beiden Schlüsselfragen lauten deshalb: Wie kann unter den bekannten Bedingungen Erwerbsarbeit für alle erreicht werden? Und wie kann das unvermeidliche Maß an Flexibilität in der Arbeit mit sozialer Sicherheit und Kontinuität vereinbart werden?


Eine Politik gegen die Märkte jedenfalls ist in der globalisierten Ökonomie zum Scheitern verurteilt. Sie findet im Übrigen aufgrund der massiven Wohlstandsverluste, die ihr Preis wären, in keiner Demokratie der Gegenwart Widerhall. Umgekehrt hat eine Politik bloß für die Märkte in der neoliberalen Hoffnung, dass allein der Markt die Wunden heilen werde, die er schlägt, als Rezept versagt. Auf der Tagesordnung steht vielmehr eine Politik mit den Märkten - aber eben als Politik: als Gestaltung und Zivilisierung des Kapitalismus. Das Globalisierungsargument, selbst soweit es berechtigt ist, eignet sich nicht als Rechtfertigung für die Abdankung der Politik. In dieser Funktion wird es vielmehr zum Mythos, hinter dem sich Gruppeninteressen verstecken.

Die gleiche Würde für alle ist das Ziel

Der Maßstab für eine Zivilisierung des neuen Kapitalismus mit politischen Mitteln kann nur ein Verständnis von Gerechtigkeit sein, das die Sicherung der gleichen Würde aller will. Es zielt auf die gleichmäßige Gewährleistung der gesellschaftlichen Voraussetzung für die Selbstachtung des Einzelnen und seine soziale Anerkennung. Nur eine solche Strategie der Gerechtigkeit hält eine moderne Gesellschaft nachhaltig zusammen.


Die Entwertung von nationalstaatlicher keynesianischer Nachfragesteuerung und Wirtschaftplanung als Mittel der Vollbeschäftigungspolitik in Zeiten der Globalisierung bedeutet keineswegs das Ende der politischen Gestaltungschancen. Eine national verantwortete Beschäftigungspolitik "mit den Märkten" hat weiterhin erhebliche Spielräume. Dafür sprechen fünf überzeugende Gründe, die zugleich den Weg für realistische, weil erprobte, und erfolgversprechende Strategien weisen.


Erstens: Wie Fritz W. Scharpf in einer akribischen Zwölf-Länder-Studie gezeigt hat, entscheidet sich in hochentwickelten Ökonomien die Annäherung an das Ziel der Vollbeschäftigung gerade nicht in den global exponierten Sektoren. Diese können sich zwar durch Rationalisierung, durch die Innovation von Technologie und Produkten dem transnationalen Wettbewerb erfolgreich anpassen. Entscheidend sind aber die Dienstleistungsbereiche der vor der Globalisierung geschützten Sektoren. Ob hier das erhebliche Beschäftigungspotential wirklich ausgeschöpft wird, hängt von politischen Entscheidungen über Steuern, Sozialabgaben oder Niedriglohnsubventionen ab. Für diese Entscheidungen besteht bereits in der nationalen Arena beträchtlicher Handlungsspielraum, im Falle politisch organisierter Koordinationserfolge erst recht in der europäischen.


Zweitens: Das "Beschäftigungswunder" der Niederlande hat gezeigt, dass eine zwischen den Beteiligten abgestimmte Verknüpfung von Teilzeitarbeit und dem Erhalt normaler Sozial- und Rentenanwartschaften einen substantiellen Abbau von Arbeitslosigkeit ohne Überlastung der Haushalte und Sozialkassen möglich macht.

Die Dänen machen vor, wie es geht

Drittens: Seit dem Beginn der neunziger Jahre hat die sozialliberale Politik in Dänemark demonstriert, wie sich ökonomische Flexibilisierung und der Erhalt hoher sozialer Sicherheitsstandards ohne erzwungene uferlose Mobilität wirkungsvoll miteinander verbinden lassen. Wenn die Nötigung zur Neuqualifikation mit maßgeschneiderten und großzügigen Absicherungen verbunden wird und gleichzeitig durch gut organisierte Jobrotation vorübergehend frei werdende Stellen gezielt besetzt werden, ist allen gedient: dem Sicherheitsbedürfnis des Einzelnen, der sich rasch ändernden Qualifikationsnachfrage der Wirtschaft und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.


Viertens: Die europäische Union hat durch die "negative Integration" der Währung und der Märkte die Bedingungen der europäischen Länder für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum verbessert. Sie hat mit der Reform der politischen Institutionen, mit der Vereinbarung abgestimmter Beschäftigungspolitik und mit ihrer Sozialcharta die Voraussetzungen für eine Reformphase der "positiven Integration" geschaffen. Eine abgestimmte Politik der Vollbeschäftigung kann die Europäische Union sehr weitgehend dem negativen Globalisierungsdruck entziehen.

Im flexiblen Sozialstaat machen alle mit

Fünftens: In den Ländern, in denen die Erwerbsquote am höchsten ist, liegt die Arbeitslosigkeit besonders niedrig. Das ist dort der Fall, wo die Beschäftigungsquote der Frauen hoch ist (dann ist übrigens auch die Geburtenrate überdurchschnittlich hoch). Eine familienfreundliche Gesellschaftspolitik, die dem Wunsch der meisten Frauen entgegenkommt, Kinder zu haben und berufstätig zu sein, wäre daher ein wichtiger Beitrag zur gerechten Verteilung der Erwerbsarbeit.


Neben einer nachhaltigen Technologie- und Wachstumspolitik bieten sich also verschiedene miteinander verbundene, realistische Strategien zur Förderung der Vollbeschäftigung an. Die grundlegende Reform des Sozialstaats ist eine davon, aber nicht in der Form seines Abbaus, sondern im Sinne einer Modernisierung, die unter veränderten Bedingungen Sicherheit schafft, indem sie Chancen zu angemessener Erwerbsarbeit als Bürgerrecht gewährleistet.


Die Alternative zum flexiblen Menschen ist, so gesehen, der flexible Sozialstaat. Er gewährt dem Einzelnen die voraussehbare und verlässliche Sicherheit, immer wieder einen anerkannten Platz in der Arbeitswelt zu finden - oder eine Weiterbildungschance, die dazu hinführt. Ein solcher Sozialstaat verpflichtet zum Mitmachen und zur Eigeninitiative, dafür übernimmt er einen Teil der Koordinierung zwischen ökonomischen Anforderungen und individuellen Voraussetzungen. In genau diesem Sinne bietet das Papier "Zukunft in Arbeit" sehr gute und praktikable Anregungen.

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