Die drei neuen K′s der Frau Kompetenz, Know- how, Kommunikation
Schaut man sich jedoch an, wie gering der Frauenanteil bei den Existenzgründungen, wie gering er in Führungspositionen der Wirtschaft oder in den Universitäten ist, fragt man sich unweigerlich: Wo sind sie geblieben, die vielen hervorragend (aus-)gebildeten Frauen, die alljährlich unsere Bildungseinrichtungen verlassen? Haben sie nicht doch mehr zu bieten als Kinder, Küche, Kirche: nämlich Kompetenz, Kommunikationsstärke und Know-how. Doch oft verbauen ihnen Vorurteile oder fehlende Förderung den Weg nach vorne.
Nach Expertenschätzungen werden rund 700.000 Unternehmen in den nächsten fünf Jahren in andere Hände übergehen. Davon werden voraussichtlich 200.000 mangels Generationennachfolge zum Verkauf anstehen. Der Schritt in die Existenzgründung und die Übernahme von bereits bestehenden Existenzen ist heute noch eine Männerdomäne. In kaum einem Land gibt es so wenig Unternehmensgründerinnen wie in Deutschland. In den USA kommen auf 100 Gründer 60 Gründerinnen, in Deutschland sind es nur 17. Auch bei dem Thema Unternehmensnachfolge und Betriebsübernahme werden Töchter und Frauen vielfach erst als Nachfolgerinnen benannt, wenn kein Mann sich bereit erklärt, diese Aufgabe zu übernehmen.
Frauen als "Notlösung"? Nein! Frauen sind heute häufig besser ausgebildet als ihre männlichen Kollegen. Der Anteil der Frauen an den Schulabgängen mit Hochschulreife aus allgemeinbildenden Schulen lag 1997 bei 54,9 Prozent, ihr Anteil bei den Universitätsabsolventen beträgt 46,4 Prozent. Frauen verfügen über hohe fachliche Qualifikationen, und eine Studie bescheinigt ihnen eine größere Kompetenz bei der Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, als Männer sie haben. Die von Frauen geführten Betriebe erreichen überdurchschnittliche Erträge, wachsen schneller als der Durchschnitt und sind doppelt so rentabel wie vergleichbare Betriebe, die von Männern geführt werden.
Der Anteil der Frauen an allen Erwerbstätigen liegt bei 42 Prozent. 1998 waren rund 986.000 Frauen selbständig tätig, das sind 200.000 mehr als 1991. Dies ist eine schöne Steigerung. Aber für das neue Jahrtausend brauchen wir weit mehr Initiative von Frauen, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen.
Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund die spezielle Förderung von Frauen bei der Existenzgründung zu einem Schwerpunkt ihrer Handwerks- und Mittelstandspolitik gemacht. Das Angebot ist vielfältig und reicht von der Förderung bei der Beratung über Informations- und Schulungsmaßnahmen bis hin zur Unterstützung bei der finanziellen Basis durch Bereitstellung von Risikokapital. Speziell für Frauen maßgeschneiderte Programme sind durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend aufgelegt worden. Die Politik hat damit die Rahmenbedingungen für Frauen verbessert, den Schritt in die eigene Existenz zu wagen.
Inzwischen gibt es auch zahlreiche Programme in den Ländern, engagieren sich Kammern und Verbände bei der Entwicklung, Planung und Durchführung von frauenspezifischen Angeboten für Gründerinnen und Unternehmerinnen. Sogar private Unternehmen bieten Hilfestellungen an. Eine weitere Unterstützung erfahren Frauen durch andere Frauen im Netzwerk. Hier können sie Erfahrungen austauschen, Kontakte knüpfen, fachlichen Rat und Kooperationspartnerinnen finden.
Die Veränderungen in der Wirtschaft spiegeln sich heute im Netz der Netze wieder. In wenigen Jahren wird eine Welt ohne das Internet undenkbar sein. Bisher haben Frauen zu wenig Zugang zu den zukunftsträchtigen Berufsfeldern und den neuen Technologien. Unsere Gesellschaft kann es sich nicht leisten, auf die gut ausgebildeten Frauen mit ihrem speziellen Know-how zu verzichten. Deshalb müssen diese Kommunikationsnetzwerke der digitalen Technologie und den Medien von Frauen verstärkt genutzt werden.
Die neuen Informationsmöglichkeiten haben aber auch die drei traditionellen K′s (Kinder, Küche, Kirche) verändert. Die hohe Sozialkompetenz von Frauen, die viele von ihnen bisher nur im häuslichen oder ehrenamtlichen Bereich unter Beweis stellen konnten, wird heute in der Wirtschaft und Wissenschaft anerkannt und honoriert. Bei Existenzgründungen oder Übernahmen eines bereits bestehenden Betriebes kommen ihnen die sogenannten "weichen" Führungsfaktoren zugute, wie diverse Studien belegen.
Im Unternehmerinnen-Alltag sehen sich Frauen aber häufig mit zusätzlichen Problemen konfrontiert. Zu wenig entsprechen sie den gängigen Unternehmer-Klischees. In den männlich geprägten Strukturen der Wirtschaft brauchen Frauen Unterstützung und Ermutigung bei der Ausprägung ihres Rollenverständnisses als selbständige Unternehmerin.
Nicht selten geht für Frauen mit einer selbständigen Erwerbsarbeit eine Doppelbelastung einher. Zwischen den Rollen als Hausfrau und Mutter und geschäftstüchtiger Unternehmerin liegen Welten. So wundert es nicht, dass Frauen fast dreimal so häufig wie Männer ihre selbständige Tätigkeit aus familiären Gründen aufgeben.
Eine Verbesserung der Bedingungen für Existenzgründerinnen kann deshalb nur erreicht werden, wenn sich auch das häusliche Umfeld für die Frauen verändert. Die Lebenspartner müssen bereit sein, einen Teil der familiären Aufgaben zu übernehmen. Diese "Neuordnung" der Rollenverteilung der Geschlechter innerhalb unserer Gesellschaft hat bereits begonnen. Für die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in allen Bereichen unseres Lebens leisten Existenzgründerinnen einen wesentlichen Beitrag.
Eine Patentlösung, die Frauen stärker in führende wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgaben integriert, gibt es nicht. Einen großen Beitrag hat die Bundesregierung mit der speziellen Förderung von Frauen bei der Existenzgründung geleistet. In weiten Teilen unserer Gesellschaft aber ist ein Umdenken gegenüber fähigen und selbstbewussten Frauen mit Willen zum Erfolg überfällig.