Drei Oppositionen in Deutschland

EDITORIAL

Natürlich ist Opposition überhaupt nicht „Mist“. Gewiss, der Zustand bedeutet eine unerfreuliche Perspektive für Regierende, die befürchten, demnächst abgewählt zu werden. Und genauso frustrierend ist dieses Dasein für Oppositionelle, die gerne endlich selbst schalten und walten würden. Aber das sind die subjektiven und schnell wandelbaren Sichtweisen von Betroffenen. Prinzipiell jedoch, aus der Sicht des großen Ganzen, der Demokratie und der Gesellschaft also, ist kaum irgendetwas so wichtig wie eine intakte Opposition. Zum einen, weil sie die Regierenden in Schach hält, was diesen ja durchaus zum Vorteil gereichen mag. Und zum anderen, weil die Opponierenden von heute die (Mit-)Regierenden von morgen sein können. Sätze, die die Aufgabe der Opposition – und damit das Prinzip des alternierenden Regierens – kategorisch für Unrat zu erklären scheinen, sind daher allenfalls noch innerhalb geschlossener Parteiveranstaltungen nachvollziehbar. Der großen und weiter wachsenden Gruppe eher parteiferner und wechselwählender Menschen in Deutschland sind sie schlicht unverständlich. Und vor demokratisch noch ungefestigten Jugendlichen verschweigt man solche Sprüche am besten ganz.

Opposition ist also eine gute Sache. Umso wichtiger ist es, dass sie auch gut gemacht wird. Das gilt besonders in Zeiten Großer Koalitionen, deren „heimliches Grundgesetz“ Ulrich Pfeiffer jüngst so formuliert hat: „Packe nur das an, was bis zum Überdruss diskutiert und was seit mindestens fünf Jahren überfällig ist – und vermeide gleichzeitig alles, was Verhaltensveränderungen erfordern würde.“ Es ist viel zu früh, um zu beurteilen, ob diese Regel auch für die aktuelle Koalition der „vielen kleinen Schritte“ (Angela Merkel) gelten wird. Gut für das weiterhin erneuerungsbedürftige Land wäre es nicht. Und eben deshalb wird in den kommenden Jahren sehr viel auch davon abhängen, in welchem Zustand sich die im Bundestag vertretenen Oppositionsparteien präsentieren.

Diese Parteien sind klein. Und sie sind weit davon entfernt, am selben Strang zu ziehen. Mehr denn je gilt für sie deshalb: Ideas matter! Gerade jetzt bleibt den gegenwärtigen Oppositionsparteien gar nichts Anderes übrig, als durch intelligente Interventionen auf sich aufmerksam zu machen. Die Gelegenheit sollen sie haben. Die Berliner Republik hat Vertreter der drei Parteien gebeten, die eigene Lage in der großkoalitionären Republik zu analysieren. Einig sind sich die beiden Bundestagsabgeordneten Markus Löning (FDP) und Jan Korte (PDS) sowie der Grüne Peter Siller jedenfalls in der Zuversicht, die neue Situation zum eigenen Vorteil nutzen zu können. „Die Erfolglosigkeit der konkurrierenden Rezepte wird uns Recht geben“, schreibt Löning – Siller und Korte sehen es jeweils ähnlich. Aber damit endet schon alle Gemeinsamkeit. Wo Korte „über den Kapitalismus hinaus“ will, fordert Löning mehr Markt und freieren Handel. Für progressive Sozialdemokraten ist das eine Unfug und das andere deutlich zu wenig. Wirklich Fortschrittliches können sie vor allem bei eter Siller entdecken. Nicht nur dessen eigene Partei täte gut daran, die Gedanken des grünen Vordenkers sehr ernst zu nehmen.

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