Kann man Bildung kaufen?



Manchmal werde ich gefragt, ob die Lehrenden an der privaten Universität, an der ich tätig bin, überhaupt schlechte Noten geben können. Schließlich würden die Studierenden für ihr Studium viel Geld bezahlen. Diese Frage überrascht durch ihren naiven Unterton, sie ist aber symptomatisch für unseren Umgang mit Begriffen wie Elite, Bildung und Erfolg. Wer so fragt, scheint eine neue Welt zu erkunden: Haben die Kinder wohlhabender Familien etwa bessere Chancen auf eine gute Bildung? Kann man sich eine Karriere erkaufen? Grenzt das an Bestechung?

Warum Studiengebühren legitim sind

Die Antwort ist – wie so oft – banal. Selbstverständlich geht es auch an der Hertie School of Governance darum, den Studierenden mit Noten zu signalisieren, wo sie mit ihren Leistungen stehen – eher an der Spitze oder eher im unteren Bereich. Schlechte Leistungen mit guten Noten zu bewerten, das würde den Ruf einer Bildungsinstitution innerhalb kürzester Zeit ruinieren. Jedoch: Natürlich erbringen Kinder aus gut situierten Familien mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit bessere Leistungen als Kinder aus ärmeren Familien. Denn in der Regel sind sie in einem Umfeld aufgewachsen, in dem Bildung wertgeschätzt wird. Von klein auf hat man sie in ihrer Bildungskarriere unterstützt. Je lukrativer die zukünftigen Berufswege der Studierenden sind, desto eher sind sie mit den Nachfahren von wirtschaftlich erfolgreichen Eltern bevölkert. Ist das wirklich so erstaunlich?

Ein Problem entsteht, wenn Studierende, die von ihren Eltern finanziell nicht unterstützt werden (können), durch zu hohe Gebühren vom Studium abgehalten werden. So öffnet sich die Schere zwischen armen und reichen Studierenden: Die Wohlhabenden bleiben an den teuren Schulen unter sich, die weniger Wohlhabenden nehmen an kostenlosen oder günstigen Programmen teil – oder studieren gar nicht mehr. Wenn die teureren Programme dann zu besseren Jobs führen als die günstigeren, erfolgt eine Segmentierung des Bildungssystems.

Die Lösung besteht jedoch nicht darin, Studiengebühren und private Bildungsträger abzuschaffen. Nicht nur sind Studiengebühren ebenso legitim wie Kindergartengebühren; sie ermöglichen es auch, die Qualität der Bildung zu verbessern. Darüber hinaus werden so die künftigen Bezieher hoher Einkommen an den Kosten ihrer Ausbildung beteiligt. Im Übrigen ist die Mehrheit der Studierenden in der Lage, Studiengebühren zu zahlen.

Die progressive Antwort auf hohe Kosten für Bildung sind gezielte und ausreichende Modelle der Studienfinanzierung. Talentierte Studierende müssen in den Genuss hochwertiger Bildung kommen, unabhängig von ihrer Herkunft und dem Vermögen der Eltern. Mögliche Lösungswege reichen vom Erlass der Studiengebühren bis zur Finanzierung der Lebenshaltungskosten.

Das wirkliche Drama der Bildungspolitik

Das wirkliche Drama in der deutschen Bildungspolitik ist weder die Einführung von Studiengebühren, noch sind es private Schulen oder Universitäten. Es besteht darin, dass die Politik darauf verzichtet, ausreichend Stipendienprogramme, Bafög und zinsfreie Darlehen zur Verfügung zu stellen und so die Diskriminierung ärmerer Studierender zu verhindern. Dies gilt für Bund und Länder, aber ebenso für die Universitäten selbst wie für diejenigen, die sich der Begabtenförderung und der Bildungsexpansion verschrieben haben. Sie alle müssten sich der Frage der Studienfinanzierung viel offensiver stellen – und sie beantworten, damit die Besten zum Zuge kommen.

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