Nichts wird wieder so, wie es einmal war
Wenn denn das Grauen in historischer Perspektive irgendeinen "Sinn" gehabt haben sollte, dann wohl den, dass es uns mit jäher Macht in Erinnerung gerufen hat, wie wenig selbstverständlich, ja wie höchst unwahrscheinlich, gefährdet und jederzeit verwundbar unsere vergleichsweise zivile Form des Zusammenlebens tatsächlich ist. Wie wir leben, das hat Voraussetzungen. Und es hat offensichtlich auch Folgen. Gewiss, die Zukunft war niemals bloß die Fortschreibung des Bestehenden, auch früher schon nicht - aber manchmal, so zwischendurch, vergisst man das eben ein bisschen. Das geht jetzt nicht mehr. Der 11. September 2001 war unser Ernstfall.
"Nichts wird wieder so, wie es einmal war" - Willy Brandt sagte das 1989. Er hatte damals Recht, sein Satz stimmt heute noch mehr. Was denn auch sonst? Jetzt ist erneuerte Neugier nötig. "Wenn nichts mehr so ist, wie es früher war, gehört auch alles auf den Prüfstand", schreibt Alexander Gauland in diesem Heft. Das ist ein gutes Motto, ein sehr gutes sogar. Mag sein, dass wir am Ende vieles für bewahrenswert halten werden. Doch ungeprüft übernehmen sollten wir gar nichts mehr. In dieser Nummer der Berliner Republik beginnt die Inspektion.