The Party goes on



Wir ziehen nach London. Diese Nachricht hat bei unseren Berliner Freunden nur ein mitleidiges Lächeln verursacht, bedeutet der Umzug doch die Halbierung der Lebensqualität und die Verdoppelung der Ausgaben. So sind die exorbitanten Preise auf dem Londoner Immobilienmarkt - nach einer kurzen Delle - im ersten Quartal 2009 schon wieder gestiegen.

London ist der größte Finanzplatz Europas und Heimat der Millionenboni und Investmentbanker. Obwohl in der City of London im vergangenen Jahr mehr als 30.000 Arbeitsplätze verloren gingen, ist dort von der Krise nicht mehr viel zu spüren. So schnell wie möglich möchte man nach dem kleinen Betriebsunfall wieder zum Alltag zurückkehren. Zwar hat sich Sir Fred Goodwin, der frühere Vorstandsvorsitzende der Royal Bank of Scotland, öffentlich für sein Fehlverhalten entschuldigt und will einen Teil seiner Millionenrente zurückgeben. Doch davon haben sich die übrigen Bankmanager nicht abhalten lassen: Die ihnen versprochenen Boni werden sie auch in diesem Jahr wieder einstreichen. Ganz unverhohlen warnen Bankenvertreter vor einer stärkeren Regulierung der Hedgefund-Industrie. Sollte sich an den existierenden Gehaltsstrukturen etwas ändern, würden zahlreiche Talente verloren gehen.

Realitätsverlust und Überschwang

Dabei wäre die Rückkehr zur Sause der letzten Jahre das denkbar schlechteste Ergebnis der Krise. Denn letztlich kommen die Steuerzahler nachträglich für die Millionenboni junger Banker auf. Dies gilt auch für jene Institute, die keine staatliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten. Deshalb müssen die Strukturen, die die Krise mit verursacht haben, nachhaltig verändert werden.

Unverhältnismäßige Gehälter und Boni stehen im Zentrum des Problems. Sie führen zu Realitätsverlust, einer übertriebenen Risikobereitschaft und der Vernachlässigung nachhaltiger Unternehmensführung. Anders als Banker und Manager gern argumentieren, hat die Explosion der Gehälter nichts mit dem Wettbewerb um die besten Köpfe zu tun. Sie ist vielmehr Ausdruck der Shareholder-Value-Kultur: Man ging davon aus, dass nur eine finanzielle Beteiligung der Manager am Unternehmenserfolg genügend Anreiz für maximale Leistung gäbe. Die Manager haben einiges für die Aktienkurse ihrer Unternehmen getan. Oft zulasten ihrer Beschäftigten.

Jack Welch wurde nur falsch verstanden

Nach einem Bericht der Headhunter-Vereinigung "Association of Executive Search Consultants (AESC)" hat sich in Deutschland das Jahreseinkommen der Vorstände von DAX-Unternehmen seit 1987 fast verachtfacht. Vor 20 Jahren verdiente ein DAX-Vorstand durchschnittlich 446.000 Euro im Jahr, 2007 waren es schon 3,3 Millionen Euro. Zur gleichen Zeit haben sich die Nettoeinkommen der Beschäftigten fast nicht verändert. Die Einkommensschere zwischen Topverdienern und Bürgern öffnet sich zunehmend. In den achtziger Jahren verdiente ein DAX-Vorstand 14 mal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, heute das 52-fache.

Mittlerweile kritisieren selbst die Headhunter die Shareholder-Value-Ideologie. Und Jack Welch, der Erfinder des Shareholder value, behauptet gar, jahrelang falsch verstanden worden zu sein. Dies sind wichtige Beiträge für die Erneuerung der Unternehmenskultur. Neuerdings gibt es in Deutschland zudem eine sanfte gesetzliche Regulierung, damit sich die Managervergütung stärker am langfristigen Unternehmenserfolg orientiert. Ob das ausreicht, um den Trend zu stoppen, bleibt abzuwarten. In London formieren sich derweil bereits wieder die "Masters of the Universe". Sie werden daran arbeiten, dass die Party weitergeht.

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