Im faunischen Bayern
Anlässlich der Hinmordung von JJ1 durch einheimische Flintenträger soll auf zwei Spezies hingewiesen werden, die es aus Bayern bis in die Berliner Niederungen gebracht haben: der Wolpertinger und der Glos. Die Herkunft des ersten Namens ist dunkel: Weder Schmellers Bayerisches Wörterbuch noch Kluge-Götzes Etymologisches Wörterbuch noch Grimms Deutsches Wörterbuch können ihn erklären. Der Begriff „Glos“ hingegen bedeutet „schwelende Glut“.
Kreischen, kreisen, Wolpertinger? Glosen heißt glänzen!
Erschwerend kommt hinzu, dass es zuerst einen anderen Namen für die Fabelwesen gegeben hat. Die „Kreißn“ oder „Kreißen“ wurden sie genannt. Bei diesem Begriff wird man allerdings fündig: Bereits 1753, so berichten die Brüder Grimm in ihrer Deutschen Sagensammlung, habe es ein Gespenstwesen gegeben. Diese so genannten „Krischer“ gaben ein „Gekreisch wie ein Reh, Fuchs, Esel, Hund, Schwein und andere Tiere“ von sich und erschreckten damit die Leute. Der Bezug zum gemeinen Glos ist offenbar.
Auch Schmeller kennt den Begriff: Er weist darauf hin, dass die Wurzel „kreisten“ so viel heißt wie „vor Anstrengung stöhnen“ und man erahnt eine lautliche Nähe zum heutigen „kreischen“. Den Begriff „glosen“ erklärt das Deutsche Wörterbuch auch als „erklären, erläutern, ausdeuten“. Das leuchtet ein.
„Kreißn“ mit krummen Beinen
Der Name „Kreißn“ könnte aber auch einen anderen Ursprung haben. Vor allem ein Familienzweig der Alpen-Wolpertinger scheint sich besonders spezialisiert zu haben. Diese Untergattung soll an den Hängen kegelförmiger Berge leben. Durch ihre hoch spezialisierte Fortbewegungsart hat diese Familie eine besondere Form der Extremitäten entwickelt: Die Tiere laufen immer im gegenläufigen Uhrzeigersinn um die Bergspitze herum und haben dadurch verschieden lange Laufpaare herausgebildet: Die linken Läufe sind wesentlich kürzer als die rechten, weil diese ja durch die Hangneigung weiter nach unten greifen müssen. Inhaltlich gewendet gleichen sich beide Arten ungemein.
Anderen Quellen zufolge heißt es, das Tier werde „Kreißn“ genannt, weil Nachkommen dieser besagten Wolpertinger-Familie lediglich einen verkürzten Hinterlauf hätten. Deshalb liefen sie auf der Erde nicht geradeaus, sondern in mehr oder weniger großen Kreisen. Beiden Theorien gemeinsam ist eine Ungleichheit der Läufe. Das mag auch der Grund dafür sein, weshalb der Wolpertinger lieber hüpft als läuft – welchen Einfluss das wiederum auf den Namen hat, ist bislang allerdings noch unbekannt.
Der Wolpertinger – ein Schnapsglos
Bernd E. Ergert, Direktor des Deutschen Jagd- und Fischereimuseums in München, das unter anderem ein Wolpertinger-Diorama zeigt, hat dennoch eine Spur, wo der Name herkommen könnte. Die Wolpertinger-Spur führt in die Werkstätten der Glasbläser. Sie stellten nach Feierabend Gläser für den eigenen Bedarf her, unter anderem Schnapsgläser in Tierform – die so genannten „Schnapshunde“.
Weil die Verdienstmöglichkeiten im Bayerischen Wald nicht gut waren, zogen Glasmacherfamilien ins Schwabenland – unter anderem in eine Glasfabrik in Wolterdingen bei Donaueschingen. Drei Familien aus dem Rabenstein sollen es gewesen sein, die dort lustige, fantasievoll verschnörkelte Katzen und Hunde, Schweinchen und ähnliche Tiere produzierten, die bald den Namen „Wolterdinger“ angenommen hatten. Im sprachlichen Gebrauch sollen die Schnapsgläser dann bald Wolperdinger geheißen haben. Darauf heben wir unser Glos.