Jenseits der Neuen Mitte
Hier auf meinem Beobachterplätzchen am verhüllten Ron-Sommer-Gedächtnis-Tor erlauschte ich einen ebenso abenteuerlichen wie wunderbaren Plan: Unter dem Motto: "Kicken bei Shawne Fiedling" wollen sich debattenfrustrierte Abgeordnete an jedem Mittwoch unter dem WinkeWinkeBalkon der neuen Schweizer Botschaft versammeln und vor und nach dem Spiel Arien aus der Westside-Story schmettern. Die von der halben Männerwelt adorierte Frau des Botschafters soll nach den Plänen der Rasenjünger den siegreichen Mannschaften höchstderopersönlich Ehrenpreise überreichen. Mittlerweile herrscht bei der Sportgemeinschaft des Deutschen Bundestages Aufnahmestop.
Ob alle Mitstreiterinnen und Mitstreiter dieser erfolgreichen Regierung es allerdings schaffen werden, auch 2001 immer dort zur Stelle zu sein, wo ihre Expertise gerade mal wieder gebraucht wird, scheint fraglicher denn je. Wenn der Platz unter der Fiedling-Terrasse frei bleiben sollte, so liegt das einzig und allein am Flugverkehr. Fliegen, so denkt der moderne Mensch, kann eigentlich jeder. Nicht persönlich und ohne Hilfe, aber mit so einem Gerät beispielsweise von der Germania oder der Britannia oder der Lufthansa, da müßte es doch allen leicht möglich sein, sich in die Lüfte zu erheben. Pustekuchen.
Mir ist zu Ohren gekommen, wie sich beispielsweise die Abflüge der Beamtenbomber aus Berlin gestalten und welche Gefahren für Leib, Leben, Akten und Sitzungstermine dort an allen Ecken und Enden dräuen: Wer beispielsweise um 7.00 Uhr MEZ mit der A-Linie nach Bonn fliegen will, der muß an den Schalter der Linie B/C/D gehen, dort nach einem Flug Ausschau halten, der um 7.30/7.45/8.00 Uhr ungefähr in Richtung Bonn gehen könnte. Nachdem der Flug(er)suchende diese erste Hürde erfolgreich gemeistert hat, geroengt und betastet wurde, muß er nur noch in einen Zubringerbus nach Wien oder Brüssel steigen, um dann mit Linie X zirka gegen 7.20 Uhr zirka in Richtung Bonn abzufliegen. Oder nach München oder Frankfurt. Hier soll es Auffanglager für gestrandete Kofferträger geben. Ich hörte von Regierungsdirektoren, die als hartgesottene Vielflieger ob dieses Procederes in helle Tränen ausgebrochen sein sollen.
Unter dem Motto: "Einer kommt durch" schafft es leider mein Lieblingsabgeordneter von der Opposition immer wieder, dieses lufttransporttechnische Labyrinth zu bezwingen und sich in sein Plenarstühlchen sinken zu lassen. Diesem Herrn möchte ich in Freundschaft und Respekt einen letzten Hinweis geben: Beim nächsten Zwischenruf auch unterhalb der Stenographenschwelle, der mir auf welchem Wege auch immer zugetragen wird, werden Sie an genau dieser Stelle fürchterlich geoutet! Nun ist Matthäi am Letzten, Herr Gründungsmitglied, Kreisvorsteher, kooptierter Landesvorsteher und Ehrenamtler! In der letzten Sitzungswoche des vergangenen Jahres sollen Sie gerufen haben: "Genug! Genug!" Und wieder war niemand am Pult! Niemand schritt zu demselben und niemand war im Begriffe zu schreiten! Was meinten Sie, uns sagen zu müssen? Wem war was genug und warum? Es reicht.
Da der Regierung die Vorhaben nicht ausgehen, die versammelte Opposition entweder "Genug!" in leere Räume ruft oder sich mit dem nächsten Kohl-Tagebuch beschäftigt, gehen wir meist sonnigen Zeiten entgegen. Nur einen wirklichen Wunsch habe ich an die Regierenden: Schaut doch bitte schnell mal am Pariser Platz vorbei und erklärt mir den neuen Ausgleichsfaktor. Nicht, dass ich Interesse an meiner eigenen Rente hätte, aber andere fragen einen ja immer mal wieder. Und da will ich doch nicht wie die Zitronenjette darstehen. Wer mir das wirklich begreiflich macht, dem sage ich auch, wer da so super Zwischenrufe macht.