Mit 100 Prozent Sozialdemokratie ins Wahljahr 2017
Mit welchen Botschaften soll die SPD ins Wahljahr 2017 gehen? Antworten gibt ein aktuelles Positionspapier des Netzwerks Berlin in der SPD-Bundestagsfraktion, das wir hier dokumentieren
Das Wahljahr 2017 steht vor der Tür. Motiviert und optimistisch werden wir in den Wahlkampf gehen. Denn wir sind uns sicher, dass unsere sozialdemokratischen Standpunkte die richtigen Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit sind. Die Aufgaben liegen klar vor uns:
— Wir müssen für sichere und faire Lebenschancen und Arbeitsbedingungen sorgen. Dazu müssen die starken Schultern mehr tragen als die schwachen. Und wir müssen alles dafür tun, um die schwachen Schultern stärker zu machen. Wir sind überzeugt, dass unsere Idee des vorsorgenden Sozialstaates der richtige Weg ist, der Gerechtigkeit – auch unter den Generationen – in unserem Land eine Zukunft zu geben.
— Wir müssen die wirtschaftliche Leistungskraft unseres Landes sichern und ausbauen. Darum haben wir den unbedingten Willen, die Globalisierung fair zu gestalten, damit am Ende alle etwas davon haben. Wir verfallen nicht der Illusion, dass Abschottung und Renationalisierung in irgendeiner Weise weiterhelfen.
— Gerade in Zeiten blutiger Konflikte wollen wir mehr Vertrauen wagen und die Welt wenigstens ein Stück friedlicher machen. Nötig ist eine neue Friedenspolitik. Wir sind uns unserer Verantwortung in Europa und der Welt bewusst und wollen uns ihr stellen. Wir wollen der Diplomatie neue Kraft verleihen, schrecken aber notfalls vor der Ultima Ratio militärischer Einsätze nicht zurück. Zudem werden wir den zivilen Wiederaufbau stärker in den Fokus nehmen.
— Wir sind der Garant für eine freie, demokratische und säkulare Gesellschaft. Wir werden den gesellschaftlichen Dialog führen, um ein zeitgemäßes Leitbild für unser Land zu formulieren. Den unverhohlenen Feinden der offenen Gesellschaft sagen wir den Kampf an.
Dafür stehen wir. Das sind unsere Botschaften. Das sind unsere Haltung und unser Kompass. Dafür werben wir bei den Bürgerinnen und Bürgern. Je mehr Menschen SPD wählen, umso mehr Sozialdemokratie ist möglich.
Die Erfahrungen der vergangenen Monate und Jahre zeigen, dass nach Wahlen im Zweifel eher mehr statt weniger Parteien in die Parlamente einziehen. Alleinregierungen einer Partei sind ausgeschlossen; Zweierbündnisse werden schwieriger, Dreier- oder gar Vierer-Konstellationen werden wahrscheinlicher. Schon machen in manchen Kreisen Schlagworte wie „Machtperspektive“ die Runde. Eine solche Verengung bewerten wir, das Netzwerk Berlin, als den falschen Ansatz. Wir ziehen zu hundert Prozent für die SPD und ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf. Nach der Wahl werden wir ohne ideologische Scheuklappen schauen, mit welchem Partner oder welchen Partnerinnen eine stabile Regierung möglich sein könnte und in welcher Konstellation wir am meisten Sozialdemokratie umsetzen können. Denn nur das ist unsere Richtschnur.
Koalitionen sind nur selten »Projekte«
Für uns steht fest, dass wir mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig sein müssen. Lediglich eine Koalition mit der AfD – sollte sie den Einzug in den Deutschen Bundestag schaffen – schließen wir aus. Die Ansätze dieser Partei stehen im fundamentalen Widerspruch zu den Grundwerten der SPD und verlassen in Teilen die freiheitlich demokratische Grundordnung. Diese Partei spaltet unser Land und sät eine Kultur der Angst und des Hasses.
Koalitionen sind Bündnisse auf Zeit, um das Land zu regieren. Manchmal können Koalitionen richtig Spaß machen, zuweilen nerven oder ärgern sie aber auch. Wir sind sehr zurückhaltend, Koalitionen als „Projekte“ zu erklären – so wie dies 1998 für die erste rot-grüne Bundesregierung galt. Unabhängig davon verfolgt die SPD immer das Ziel, das Land mit progressiven Kräften weiterzuentwickeln.
Hier können sowohl traditionelle, bekannte Bündnisse als auch innovative, neue Lösungen eine zukünftige Koalitionsform darstellen.
Eine Koalition zwischen CDU/CSU und SPD hat, wenn die konservativen Parteien ihre christlichen Werte in den Vordergrund stellen, viele Ansatzpunkte für eine gemeinsame Politik. Allerdings scheint nach zwei großen Koalitionen der Vorrat an konkreter gemeinsamer Politik weitgehend erschöpft. Zudem sollte eine große Koalition immer Ausnahme und nicht Regelfall unserer Demokratie sein, in dem die jeweilige Opposition gleichzeitig die Alternative zur Regierung darstellen sollte. Eine Fortsetzung der Großen Koalition streben wir daher nicht an. Mit den Grünen sehen wir auf erfolgreiche Regierungsjahre zurück, in denen wir unser Land in zentralen Fragen reformiert haben. Deshalb steht Deutschland heute so gut da. Es spricht vieles dafür, auch in Zukunft wieder gut miteinander regieren zu können. Wir werden dabei wieder darauf achten, dass nachhaltige Politik niemals auf dem Rücken der Schwachen in unserer Gesellschaft ausgetragen wird.
Politische Abenteuer machen wir nicht mit
Auch mit den Liberalen haben wir erfolgreich unser Land regiert. Zwar sind die sozial-liberalen Zeiten auf Bundesebene schon viele Jahre her, wir können aber in den Ländern auf gelungene Regierungsbündnisse, etwa die Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz, in unseren Tagen verweisen. Wir können uns vorstellen, an alte sozial-liberale Traditionen anzuknüpfen und sie neu zu begründen. Voraussetzung ist jedoch die grundsätzliche Bereitschaft, sich auf eine sozial verantwortliche und ausgewogene Politik einzulassen.
Wir werden uns auch Bündnisoptionen mit demokratischen Parteien nicht verweigern, die auf Bundesebene noch neu sind. Sie werden aber nur zustande kommen, wenn sie eine stabile und tragfähige Mehrheit bilden. Damit meinen wir nicht nur die Anzahl der Stimmen, sondern vor allem ein solides gemeinsames Fundament. Insbesondere mit Blick auf die Linkspartei gilt: eine Politik auf Pump, unter der nachfolgende Generationen leiden, sozialpolitische Romantik, die niemandem wirklich hilft und alle Menschen zu Opfern erklärt, oder gar außen- und verteidigungspolitische Abenteuer, die Deutschland isolieren, werden wir keinesfalls mitmachen.
Welche Regierungskonstellation die vielversprechendste ist, wird nach der Bundestagswahl im Lichte des Votums der Wählerinnen und Wähler zu bewerten sein. Bis dahin wird die SPD für die SPD kämpfen und nicht für irgendeine Koalition.