Noch einmal zur Mitte. Nur etwas anders
Um diese kulturelle Mitte, also um Images und Inszenierungen, geht es derzeit im Wahlkampf vor allem. Das ist kein Wunder, als Ausdruck munteren parteipolitischen Wettbewerbs im Übrigen auch ganz in Ordnung. Einerseits. Nur droht dabei andererseits der entscheidende Kern der Auseinandersetzung aus dem Blick zu geraten. Denn wo es um den Wahlsieg geht, ist der kulturelle Einklang zwischen Kandidat und mittiger Mehrheit längst nicht genug. "Die Mitte", so hat es Gerhard Schröder jüngst erklärt, ist "ja zu allererst eine soziale Kategorie". Genau darum geht es - weshalb diese Erkenntnis auch nicht ohne Folgen bleiben sollte. Wer die Mitte der Gesellschaft gewinnen will, der braucht ein präzises Bild von ihr: von dem dramatischen sozialen Wandel, dem sie heute unterliegt, von all den Hoffnungen und Ängsten, die sich damit verbinden. Als ein für allemal "angekommen" im vermeintlich soliden Mainstram ihrer Gesellschaft empfinden sich in Deutschland nur die wenigsten. Viel eher sind es Abstiegsbefürchtungen und Entfremdungsgefühle, die die Selbstwahrnehmung breiter Gruppen bis weit hinein in den moderne und mobile Mitte prägen. Es müssten Parteien sozialer Demokraten sein, denen sich die Menschen in solchen Zeiten anvertrauen. Ob sie es auch tun, hängt nicht zuletzt davon ab, ob soziale Demokraten die Mitte der Gesellschaft so wahrnehmen, wie sie ist. Ganz in diesem Sinne tragen die diagnostischen Beiträge dieser Ausgaber der Berliner Republik zum Verständnis bei.