Schloss Doorn, März 2011

Erstes Interview mit der exilierten Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel

Thea: Frau Dr. Merkel, wie fühlen Sie sich?

Dr. M.: Professor Sauer und ich sind von den Ereignissen der letzten Tage noch etwas benommen. Ich denke, Sie werden das verstehen.


Thea: Wie konnte es dazu kommen?


Dr. M.: Das ist alles noch so frisch. Da steht man als Rationalistin vor einem solch großen Rätsel, dass man sich fast schon wundern kann.


Thea: Alles der Reihe nach. Wie fing die Krise an?


Dr. M.: Das müssen Sie den IHN fragen. Ich kann vorerst bruchstückhaft berichten, wie es meinem Gatten und mir ergangen ist. Alles fing an mit dieser unglücklichen Ampelschaltung Unter den Linden/Ecke Am Dom. Aber das wusste der Joachim ja gar nicht! (wischt sich verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel). Da ist mein Professor eine kleine Nanosekunde zu spät auf die Straße gelaufen – so ganz in Festkörpergedanken, wenn Sie verstehen – und plötzlich: ein Berliner Polizist. Ampel bei Rot. 5 Euro. Papiere. Zettel. Roter Kopf bei Joachim. Nix Kopf beim Polizisten. Und vorbei. Er hat es sofort vergessen. Und mir davon deswegen auch gar nichts gesagt, als wir uns drei Wochen später beim Frühstück wiedersahen. Doch selbst wenn – da wäre es ja wohl schon zu spät gewesen.


Thea: Und wann erfuhren Sie davon?


Dr. M.: Vorgestern. Ich saß so am kleinen Besprechungstisch in meinem Büro und legte eine Patience, weil ich auf den Hu Jintao wartete. Da kam das Pofalla rein. Ganz blass. Der ist aber immer ganz blass. Wissen Sie, dass der bei uns intern die sprechende Resopalplatte hieß? Na ja, da kommt also das Pofalla rein und flüstert, dass er angerufen wurde. Und ich in die Niederlande muss. Sofort. Ich sage: Bitte? Spinnen Sie? Jetzt kommt gleich der Hu und dann telefoniere ich mit Hillary, dann sehe ich die Ursula und dann und dann! Da fahre ich doch nicht nach – wohin soll ich? Da sagt das Pofalla: „Der Hu ist schon hier, aber bei IHM. Hillary spricht in 20 Minuten mit IHM und die Ursula, sagt ER, die können Sie nach Doorn gleich mitnehmen.“


Thea: Hatten Sie da schon eine Ahnung von dem, was Ihnen bevorstand?


Dr. M.: Natürlich nicht. Ich dachte nur, das Pofalla hat vielleicht zu tief ins
Glas geschaut – aber das ist eigentlich so gar nicht seine Art. Ich hab ihm dann gesagt, er soll sich mal kurz hinlegen gegen die Überarbeitung und hab dann meine Patience weitergelegt. Dann kam auch schon die Fahrbereitschaft und ich bin dann auch gleich mit denen rausgegangen – nur den kleinen Füller von dem Georg Busch, den habe ich mir noch ganz schnell gemopst. War ja auch schon egal.


Thea: Frau a. D. Bundeskanzlerin, Sie wohnen nun seit einigen Tagen auf Schloss Doorn, fehlt Ihnen etwas?


Dr. M.: Deutschland als Ganzes gesehen fehlt mir natürlich. Aber ich kann auch schon einsehen, dass man an der Spitze bis ins Kleinste treu sein muss. Das mit der Ampel hätte uns beiden einfach nicht passieren dürfen. Da haben wir schon so gesehen eine Strafe verdient. Aber ob ER gleich so hätte reagieren müssen? Die sofortige Ablösung ist schon ein scharfes Schwert. Ich weiß gar nicht, ob das so im Grundgesetz steht.


Thea: Was machen Sie den ganzen Tag?


Dr. M.: Ich lese viel und chatte mit Gott und der Welt, solange das Internet noch geht. Wussten Sie schon, dass dieses niedliche Schloss mal der Tante von Audrey Hepburn gehört hat? Das habe ich gleich dem Ramsauer gesimst, weil der doch mit der Sandra Bullock verwandt ist.


Thea: Ihr Vorgänger im Exil konnte fast 60 Güterwagons an persönlichem Hab und Gut mitnehmen.


Dr. M.: Wir wohnen ja am Kupfergraben in Berlin nicht ganz so groß wie weiland Wilhelm II. Ich denke aber noch gar nicht an den Umzug, ich will ja zurück. Erst kommt jetzt der Prozess gegen Joachim wegen der Ampel, dann muss ich mich wohl wegen Vertuschung oder so vor Gericht verteidigen und dann folgt die gerechte Strafe. Die Margot Käßmann durfte nach dem Exil in den USA ja auch zurück – das gilt doch wohl für uns auch, oder?


Thea: Stehen Sie denn mit Ihrem Nachfolger in Kontakt?


Dr. M.: ER hat gesimst, das Staatsschiff sei wegen dem Joachim in schwerer See, er hätte nicht anders handeln können, um Schaden von Deutschland abzuwenden. Das kann ich angesichts der komplexen Lage schon verstehen.


Thea: Frau Dr. M., wir wünschen Ihnen von Herzen alles Gute.


Dr. M.: Danke, und grüßen Sie den Guido von mir. Den habe ich immer so lieb gehabt. Und wenn das mit den Prozenten mal nicht reichen sollte, haben wir immer noch ne kleine Kammer frei – dann können wir mit der Ursula und ihm Kabinett spielen. Das war doch immer so schön!

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