Eine politische Union für die Eurozone
D ie Eurozone befindet sich angesichts der fortschreitenden Banken- und Schuldenkrise in einer kritischen Entwicklungsphase mit unklarem Ausgang. In dieser Situation hat sich eine grundlegende Diskussion über ihre Governance-Strukturen entwickelt, in der eine „politische Union“ oder eine „Fiskalunion“ regelmäßig als wünschenswerte Vertiefungsschritte genannt werden. Für die wachsende Bereitschaft, die Entscheidungsstrukturen, die Kompetenzverteilung und auch die finanziellen Solidaritätsmechanismen nur knapp drei Jahre nach Inkrafttreten des mühsam ratifizierten Vertrags von Lissabon zu überprüfen, gibt es vier zentrale Gründe.
Erstens wurden durch die Analyse der Krisenursachen die Governance-Defizite der Europäischen Währungsunion in vielen Facetten identifiziert. Noch nie waren Szenarien der Desintegration so akut. Vormals vermeidlich unerschütterliche normative Positionen zentraler Akteure brechen auf. Auch wenn die Ansichten über die notwendigen Maßnahmen zur Behebung der Defizite in vieler Hinsicht noch divergieren, besteht in einem Punkt weitgehend Einigkeit: Dass die Geldpolitik vereinheitlicht wurde, während die nationalen Haushalts- und Wirtschaftspolitiken unzureichend auf die Situation in der Währungsunion hin abgestimmt waren, hat die Eurozone von innen destabilisiert.
Zweitens laufen das Krisenmanagement und die Weiterentwicklung der Governance-Strukturen seit Mai 2010 parallel. Weitere Schritte des Krisenmanagements werden politisch mit Fragen der Kompetenzaufteilung zwischen Mitgliedsstaaten und der EU in makroökonomisch relevanten Bereichen verknüpft: Aus Sicht der Geberländer sind neue Durchgriffs- und Kontrollrechte eine notwendige Bedingung für die Weiterentwicklung der Krisenmechanismen und die Übernahme weiterer Haftungsrisiken.
Drittens ist die Abschaffung der Governance-Defizite der Eurozone – oder zumindest ein glaubwürdiger Fahrplan für eine Reform – ein wichtiger Teil des Krisenmanagements selbst geworden. Bei den hohen Risikoaufschlägen auf Staatsanleihen der Krisenstaaten preisen die Marktakteure derzeit das Risiko eines Auseinanderbrechens mit ein. Um den von der Krise besonders betroffenen Staaten der Eurozone wieder zu tragbaren Finanzierungskosten zu verhelfen, muss das Vertrauen in den langfristigen Erhalt der Eurozone wieder hergestellt werden. Nur wenn ein glaubwürdiges Gesamtkonzept für ihre Weiterentwicklung vorliegt, dürften sich die Kapitalabflüsse wieder umdrehen.
Viertens stoßen sowohl das Krisenmanagement als auch die schrittweise Vertiefung der Zusammenarbeit in der Eurozone an Grenzen der Legitimation. Bereits heute haben die Rettungsmechanismen EFSF und ESM potenziell weitreichende budgetpolitische Konsequenzen für die Mitgliedsstaaten. In den Programmländern berühren Eingriffe in Budget- und Reformentscheidungen die nationale Souveränität und untergraben die Legitimität von demokratisch gewählten Regierungen.
Kompetenzen wollte niemand abgeben
Die Diskussion über die politische Vertiefung der Eurozone ist für die kommenden Monate vorstrukturiert. Beim Europäischen Rat am 28. und 29. Juni 2012 legten Ratspräsident Herman Van Rompuy, EZB-Präsident Mario Draghi, Eurogruppen-Präsident Jean-Claude Juncker und Kommissionspräsident Manuel Barroso ihren Bericht vor. Daraufhin vereinbarten die Staats- und Regierungschefs, dass zum Europäischen Rat im Dezember 2012 ein konkreter Fahrplan für die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion präsentiert wird. Zur Debatte steht die Einberufung eines Konvents, denn egal ob auf dem Gebiet der Banken-, der Fiskal- oder der Finanzierungsunion, immer geht es um die Verteilung von Kompetenzen, die Lasten- und Risikoteilung, die Gestaltung von Institutionen und den Stellenwert der supranationalen gegenüber der intergouvernementalen Zusammenarbeit. Kurzum: Es geht um die Facetten einer tieferen politischen Integration.
Doch anders als in den Verfassungsdiskussionen im Rahmen des Konvents und der folgenden Regierungskonferenzen der 2000er Jahre muss über die zukünftige Ausgestaltung der EU unter erheblichem Druck entschieden werden. Ein Auseinanderbrechen des gemeinsamen Währungsraums, etwa durch ein Ausscheiden Griechenlands, ist nach wie vor ein mögliches Szenario – und wäre ein nicht steuerbarer Prozess. Scheitert das Krisenmanagement, kann eine politische und wirtschaftliche Desintegration der EU folgen – mit enormen politischen, finanziellen und ökonomischen Risiken. In der derzeitigen Diskussion besteht die Herausforderung darin, eine Brücke zu schlagen zwischen dem kurzfristigen Krisenmanagement, das selbst die Natur der Eurozone verändert, und den Großideen wie eine politische Union, deren Umsetzung lange Verhandlungen und ernsthafte Ratifizierungsrisiken mit sich bringt.
Über eine politische Union als Ergänzung zur Währungsunion wurde bereits Anfang der neunziger Jahre während der Verhandlungen zum Maastrichter Vertrag diskutiert. Im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion blieb es allerdings aufgrund der mangelnden Bereitschaft der Regierungen, Kompetenzen abzugeben, bei einem regelbasierten und sanktionsbelegten Koordinationsansatz, dessen Unzulänglichkeiten schon vor Einführung des Euro im Jahr 1999 benannt worden waren. Der Verfassungskonvent konnte sich auf eine Reform der Regierungsstrukturen der Wirtschafts- und Währungsunion ebenfalls nicht einigen, der Lissabonner Vertrag gleicht dieses Manko nicht aus. Jetzt ist es zum Kern der Debatte geworden.
Eine politische Union lässt sich definieren als politische Handlungsgemeinschaft mit gemeinsamer Vertragsgrundlage und starken supranationalen Elementen, die über ein in vielen Teilen staatsähnliches Kompetenzprofil sowie über die nötigen Instrumente und die notwendige Legitimation zur Verwirklichung ihrer Ziele verfügt. Maßgeblich für die Diskussion der politisch-institutionellen Vertiefung der Eurozone sollte die Frage sein, welche ökonomischen Zusammenhänge welche Handlungsfähigkeit auf Ebene der EU erfordern. Daran schließt sich die Frage an, welche Governance-Strukturen transparente, effiziente und legitime Entscheidungen herbeiführen, die die Prinzipien des EU-Vertrags respektieren. Angesichts des Zeitdrucks und der Gefahr eines Scheiterns der Reformen ist entscheidend, wie der Vertiefungsprozess der Eurozone organisiert werden kann. Viel spricht für eine Reihe von relativ rasch realisierbaren Maßnahmen – etwa über das Sekundärrecht oder zwischenstaatliche Verträge – und einer parallel anvisierten, aber erst später zu verwirklichenden Reform des Primärrechts.
Die Lehren aus der derzeitigen Krise sind vielfältig, lassen sich jedoch vereinfacht in drei große Themen gliedern. Ein erstes wichtiges Ziel ist es, realwirtschaftliche Divergenzen abzubauen und die verstärkenden Effekte der gemeinsamen Geldpolitik abzumildern. Der an Durchschnittswerten orientierte Zentralbankzins hat in vielen Ländern der Eurozone konjunkturelle Auf- und Abschwünge verschärft und Unterschiede befördert. So führte ein zu niedriger Realzins angesichts der Lohn- und Preisrigiditäten im Währungsraum zu Überhitzungen und Überschuldung in den heutigen Krisenländern. Und in der Anfangszeit der Währungsunion belastete ein zu hoher Realzins die wirtschaftliche Entwicklung unter anderem in Deutschland stark.
Um dieses Problem anzugehen, sollten verschiedene Lösungsansätze kombiniert werden. Neben einer Vervollständigung des Binnenmarkts müssen weitere strukturelle Reformen in die Tat umgesetzt und von der europäischen Ebene besser unterstützt werden. Ansätze hierfür sind eine weitergehende Neuausrichtung der Ausgabenpolitik und mehr Flexibilität bei den Sparprogrammen. Ein großer und wichtiger Schritt für den gemeinsamen Währungsraum wäre die Einführung automatischer Stabilisatoren, etwa in Form einer europäischen Arbeitslosenversicherung. Auch die Reform des EU-Budgets sollte auf ihre mögliche makroökonomische Wirkung hin durchleuchtet werden: Die Einführung einer europäischen Unternehmenssteuer und eine stärkere Orientierung der Ausgaben an der konjunkturellen Situation im Empfängerland könnten zumindest eine weitere Destabilisierung vermeiden, wie sie in Spanien durch Strukturfondsmittel in den Jahren vor Ausbruch der Krise auftrat.
Interne Ungleichgewichte wurden zum Problem, als – etwa im spanischen und im irischen Fall – ihre Auswirkungen recht plötzlich auf die Situation der Staatsfinanzen durchschlugen und sich in der Eurozone eine „selbst erfüllende Krise“ ausbreitete. Heute besteht eine umfassende Vertrauenskrise, die Kapitalzuflüsse in Anleihen- und Aktienmärkte und in die Realwirtschaft bremst. Auch mögliche Panikreaktionen in der Bevölkerung erhöhen die Gefahr einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung. So könnten „bank runs“ in Südeuropa zu einer Implosion des Bankensektors führen. Die Handlungsfähigkeit der Regierungen in einer solchen Situation ist begrenzt. Daher lautet die zweite große Aufgabe, europäische Mechanismen zur Beilegung der Vertrauenskrise und zur Prävention künftiger Zuspitzungen zu entwickeln.
Kontrolle und Souveränität – der ewige Zielkonflikt
Hierzu gehören eine stärkere und besser demokratisch legitimierte Überwachung und Kontrolle nationaler Wirtschafts- und Fiskalpolitik, um die Einführung gemeinschaftlicher Verschuldungsinstrumente zu flankieren. So könnten künftig unter Mitwirkung des Europäischen Parlaments europäische, demokratisch legitimierte Entscheidungen über das Gesamtdefizit in der Eurozone gefällt werden – die Staatsverschuldung würde somit zur makroökonomischen Politikgröße. Entscheidungen über die konkrete Gestaltung der Ausgabenpolitik könnten indes national bleiben. Für den Fall, dass ein Staat keinen Marktzugang mehr hat, wäre eine zeitweise Souveränitätsaufgabe denkbar. Die Lösung des Zielkonflikts zwischen mehr Kontrolle und Eingriffsrechten sowie dem verfassungsmäßig gebotenen Erhalt der haushaltspolitischen Souveränität ist eine dringende politische und juristische Aufgabe.
Darüber hinaus ist es vordringlich, die Interdependenzen im Bankensystem und den so genannten Bank-Sovereign-Nexus zu durchschlagen, der für die hohen Ansteckungsrisiken zwischen Staatsverschuldung und Bankensektor verantwortlich ist. Eine notwendige Antwort ist eine Europäische Bankenunion mit drei Säulen. Eine Europäische Bankenaufsicht sollte mit mikroprudentieller Zuständigkeit und Durchgriffsrechten in der Bankenrekapitalisierung und Restrukturierung ausgestattet werden. Flankiert werden sollte sie durch ein europäisches Einlagensicherungssystem und Instrumente zum Umgang mit Bankenkrisen. Dabei müssen allerdings weitreichende Fragen beantwortet werden, etwa hinsichtlich der Bereitschaft zu Solidarität und Risikoteilung der Mitgliedsstaaten, zur finanziellen Ausstattung der neuen Mechanismen und zu ihrer demokratischen Kontrolle.
Neben den ökonomischen, wenngleich für das Integrationsprojekt hoch politischen Erwägungen, stellen sich profunde, demokratisch-legitimatorische Herausforderungen. Die neuen Handlungskompetenzen (etwa die Fiskal-, Finanzierungs- und Bankenunion) müssen so ausgestaltet werden, dass sie durchsetzbar und dauerhaft demokratisch legitimiert sind. Der weiter wachsenden Legitimationskrise in der EU muss begegnet werden, bevor deren Sprengkraft weiter zunimmt. Dies betrifft Geber- wie Nehmerstaaten: Das Gefühl des Kontrollverlusts dürfte sich bei einer Verschärfung der Krise, entstehenden Anpassungszwängen oder bei Verlusten aus den Rettungsmechanismen verstärken. Der Ansatz, die nationale Haushalts- und Wirtschaftspolitik auf Ebene der EU immer stärker zu regeln und technokratisch zu überwachen, kann Konflikte mit den nationalen Parlamenten verursachen. Darüber hinaus fordern Bürger und nationale Politiker mehr Transparenz und Zurechenbarkeit europäischer Entscheidungen, je deutlicher wird, wie viel Macht scheinbar anonyme Kräfte in der Verschuldungs- und Bankenkrise ausüben.
Darüber hinaus werden die künftigen Governance-Strukturen der Eurozone nur dann besser in der Lage sein, öffentliche Güter wie Wachstum, Beschäftigung und Geldwertstabilität bereitzustellen, wenn demokratische Entscheidungen auf Ebene der Eurozonen-Länder es erlauben, gesamteuropäische Herausforderungen mit europäischen Ansätzen zu beantworten, die mehr sind als die Summe von 17 nationalen Einzelentscheidungen.
Die derzeit geführte Debatte um „Souveränitätstransfers auf EU-Ebene“ greift für diesen Schritt zu kurz. Zum einen geht es für die Staaten der Eurozone darum, auf europäischer Ebene makroökonomische Entscheidungsfähigkeit zurückzugewinnen, die mit der Aufgabe nationaler Geldpolitiken im nationalstaatlichen Kontext faktisch nicht mehr existiert. Zum anderen verkürzt die Debatte über „Souveränitätstransfers“ von nationaler auf die europäische Ebene die Demokratiediskussion, wenn vornehmlich in „Regierungslogiken“ gedacht wird. Souverän sind in den Mitgliedsstaaten nicht die Regierungen, sondern die Bürgerinnen und Bürger, die deren Macht autorisieren.
Im Falle einer stärkeren Integration geht es nicht darum, „Souveränität zu transferieren“, sondern vom Souverän autorisierte Macht auf einer Ebene anzusiedeln, auf der Handlungsfähigkeit existiert. In makroökonomischen Belangen ist das die Ebene der Eurozone.
Diesen ökonomischen und politischen Herausforderungen kann nur durch eine institutionelle Umgestaltung des EU-Systems begegnet werden. Das neue Entscheidungssystem muss mit den bisherigen Entwicklungslinien allerdings nicht radikal brechen. Es kann weiterhin aus zwei Kammern bestehen, die gleichberechtigt entscheiden – dem Rat und dem Parlament. Allerdings würde die Zuständigkeit des Parlaments ausgeweitet, beispielsweise in Bezug auf die Definition von Obergrenzen für die Staatsverschuldung, die Überwachung der neuen Strukturen der Bankenunion, die europäischen Rettungsschirme und die neuen Stabilisierungsmechanismen. Ein Quantensprung wäre die Einführung eines Besteuerungsrechts durch das Europäische Parlament, das auch bei der Gestaltung der automatischen Stabilisatoren eine Rolle spielen sollte.
Ohne Demokratisierung keine Legitimität
Entschieden werden muss, ob eine künftige „Regierung“ aus dem Rat beziehungsweise dem Europäischen Rat oder aus der Kommission entwickelt wird. In der Krise sind der Europäische Rat und der Eurozonen-Gipfel zu Entscheidungszentren geworden. Der so genannte Euro-Plus-Pakt stattet sie mit einer Art Arbeitsprogramm aus. Eine Aufwertung des Europäischen Rats zur Regierung wäre jedoch problematisch: Nach jetziger Vertragslage könnte er nicht zugleich wie der Rat in seiner Legislativfunktion Gegenstück des Europäischen Parlaments in den Gesetzgebungsprozessen sein. Darüber hinaus dürfte sein Hang zu Entscheidungen mit Einstimmigkeit erhebliche Effizienz- und Substanzverluste nach sich ziehen. Eine „Regierung“ der Chefs ließe sich zudem nicht durch das Europäische Parlament kontrollieren, geschweige denn bestellen oder als Ganzes durch ein Misstrauensvotum zu Fall bringen. Das Europäische Parlament könnte allein im Rahmen der Mitentscheidung im Gesetzgebungsverfahren sowie seiner Anhörungs- und Klagerechte Kontrolle und Einfluss auf die Regierung ausüben. Der Kommission blieben die Umsetzungsaufgaben in einer hierarchisch und politisch untergeordneten Funktion.
Würde eine europäische Regierung hingegen aus der Kommission heraus entwickelt, könnte das Vorschlagsrecht für die Wahl des Kommissionspräsidenten dem Europäischen Rat entzogen werden und die „Regierungsbildung“ dem Spitzenkandidaten der stärksten Fraktion im Europäischen Parlament zufallen. Das Parlament sollte die Zusammensetzung der Kommission bestätigen und könnte den Präsidenten durch ein konstruktives Misstrauensvotum stürzen. Der Kommissionspräsident als Chef einer europäischen Regierung sollte als primus inter pares am Europäischen Rat teilnehmen, der als Impulsgeber und strategisches Zentrum für die Union absehbar relevant bleibt.
Wird das Europäische Parlament in den Economic Governance-Strukturen der Eurozone aufgewertet, sollte es abgestufte Stimmrechte für Eurozonen- und Nicht-Eurozonen-Staaten geben, analog zum Modell im EZB-Rat und im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister. Gleichzeitig sollten die nationalen Parlamente stark einbezogen werden, weil bei der derzeitigen Konstruktion der Rettungsmechanismen legitime Bedenken hinsichtlich der Aufrechterhaltung der nationalen budgetpolitischen Souveränität bestehen. Langfristig ist eine klare Aufgabenteilung anzustreben, mit Legitimationsmechanismen auf der jeweiligen politischen Ebene.
Angesichts der beschriebenen Governance-Defizite liegt es nahe, eine Vertiefung der Integration zunächst auf die Eurozone zu konzentrieren, denn hier liegt der größte, gemeinsame Handlungsbedarf. Auch wenn zunächst 17 Staaten voranschreiten, sollte die EU diese politische Vertiefung im Gemeinschaftsrahmen anpeilen, ohne die EU auszuhöhlen. Das Verhandlungspaket sollte also nicht nur für Geber- und Nehmerländer im Euroraum gleichermaßen akzeptabel sein, sondern auch die Unterstützung der Nicht-Eurozonen-Staaten finden – selbst wenn diese nicht Teil der Vertiefung sind. Opt-outs für nicht-beteiligungswillige Staaten sowie eine Einbindung der Noch-Nicht-Mitglieder gehören daher dazu.
Nicht nur eine künftige politische Union, auch der Weg dorthin, muss möglichst stark demokratisch legitimiert sein. Je mehr unterschiedliche Instrumente, Akteure und Ressourcen im Mehrebenensystem der EU eingesetzt werden, desto unübersichtlicher wird es bei fortschreitender Integration. Umso wichtiger, dass die Legitimität des Entscheidungssystems neben der ökonomischen Logik zur neuen Priorität wird und sich aus nationalen, zunehmend auch aus supranationalen Quellen speist. In Deutschland ist der enge Zusammenhang zwischen Vertiefung der Eurozone und Demokratisierung des EU-Systems zudem durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts begründet. Bereits in seinem Urteil zu Lissabon hat es zur Auflage gemacht, dass das Demokratieprinzip auf europäischer Ebene berücksichtigt werden muss, sollten bundesstaatliche Elemente etwa in der Haushaltspolitik eingeführt werden. Nicht nur, aber auch aus diesem Grund muss eine substanzielle Vertiefung der Währungsunion von institutionellen Reformen zur Demokratisierung der EU begleitet werden.