Es gibt ihn noch, den Unterschied

Menschen stehen Veränderungen skeptisch gegenüber. Aber sie wissen, dass es keine Zukunft ohne Fortschritt gibt. Es bleibt bei Gutav Heinemanns weisen Worten: "Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte."


Während elf Jahren Regierungsverantwortung hat die Sozialdemokratie diese Republik verändert. Sie hat den schweren Schleier der schwarz-gelben Kohl-Jahre abgestreift und Deutschland moderner und offener gemacht. Und nicht zuletzt: In Zeiten der Wirtschaftskrise zeigt sich ganz deutlich, dass sozialdemokratische Politik dieses Land stärker gemacht hat! Darauf kann die SPD stolz sein, das ist vor allem ihr Verdienst. Das heißt nicht, dass alles richtig gemacht wurde. Ein kritischer Blick auf die eigenen Entscheidungen ist nicht nur erlaubt, er ist vielmehr geboten. Was aber in den vergangenen Jahren so manches Mal innerhalb der SPD zu erleben war, hatte mit konstruktiver Kritik wenig zu tun und hat die Partei sicher nicht glaubwürdiger gemacht. Konservative, Marktradikale und Linkspopulisten sind überzeugt davon, sie seien das Epizentrum der Wahrhaftigkeit. Sozialdemokraten – sie leiden nicht selten lieber unter sich selbst.

Wichtige Voraussetzungen für eine glaubhafte Vermittlung sozialdemokratischer Politik sind aber, dass die SPD als Partei zum einen Selbstvertrauen ausstrahlt und zum anderen Geschlossenheit zeigt. Geschlossenheit ist nichts Bewegungsloses, heißt nicht, „abnicken und Mund halten“. Ganz im Gegenteil: Der Geschlossenheit voran geht unabdingbar der Dialog und die Debatte – horizontal innerhalb der Gremien und vertikal zwischen  Parteispitze und den Parteigliederungen vor Ort. Nur so können sich echte Mehrheitsentscheidungen herausbilden, die dann – und das ist ebenso wichtig – auch gemeinsam getragen und nach außen vertreten werden.

Die SPD hat jetzt die Zeit, durch selbstbewusstes und geschlossenes Auftreten bis zur nächsten Bundestagwahl das Vertrauen der Menschen wieder zurückzuerlangen. In den kommenden vier Jahren haben über eine halbe Million Sozialdemokraten eine gemeinsame Aufgabe, nämlich den Menschen wieder klar zu machen: Es gibt ihn, den Unterschied zwischen fortschrittlichen Sozialdemokraten und statischen Konservativen („Einfach weiter so!“), zwischen solidarischen Sozialdemokraten und Marktradikalen („Jeder ist sich selbst der Nächste!“), zwischen verantwortungsbewussten Sozialdemokraten und unbelehrbaren Populisten („Reichtum für alle!“) – und er ist riesig, dieser Unterschied!

Die deutsche Sozialdemokratie war in ihrer fast 150-jährigen Geschichte immer die Partei des sozial ausgeglichenen Fortschritts. Das war nicht immer ein leichtes Los. Menschen stehen Veränderungen meist skeptisch gegenüber, das ist nur natürlich. Andererseits wissen sie aber auch, dass es keine Zukunft ohne Fortschritt gibt. Hier ist sozialdemokratische Politik gefragt, Ängste zu nehmen und Fortschritt zu begründen – und dadurch Vertrauen zu gewinnen. Es bleibt bei Gustav Heinemanns weisen Worten: „Wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte.“ «




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