Ich bin für die CDU im Bundestag
M.: Danke der Nachfrage, es geht mir nach diesem anstrengenden Wahlkampf wieder gut.
NDR: Sie sind wieder in den Bundestag eingezogen, das ist doch sicher ein prima Gefühl.
M.: Eingezogen bin ich ja schon letztes Mal. Wenn Sie so wollen. Ich bin nur nicht ausgezogen. Ausgezogen sind ja ganz andere, ha! Bis auf’s Hemd!
NDR: Gibt es eine Erklärung für Ihren Erfolg?
M.: Die sitzt vor Ihnen.
NDR: Wie meinen Sie das genau?
M.: Ich sehe das so: Ich habe Fehler vermieden, die andere in den vergangenen Jahren gemacht haben, ich habe mich konzentriert, ich habe eine klare Linie gefahren. So einfach geht das. Und 40 Prozent der Wähler haben das auch so gesehen.
NDR: Mit welchen Schwerpunkten haben Sie gepunktet?
M.: Bitte?
NDR: Was waren Ihre Themen, die im Wahlkreis wichtig waren und die Sie im Bundestag vertreten haben?
M.: Ich verstehe Sie nicht ganz. Ich bin nicht für irgendeinen Wahlkreis im Bundestag. Wie sollte das auch gehen? Der Wahlkreis ist ja gar keine Partei. Das könnten Sie wissen. Ich bin für die CDU im Bundestag.
NDR: Wir dachten bisher, dass die Abgeordneten in Berlin ihre heimatlichen Wahlkreise vertreten.
M.: Haben Sie in Moskau studiert?
NDR: Nein. Hier in Kiel.
M.: Dieses ganze Land war ja unter Engholm der reinste rote Stall. Typisch. Im Ernst: Die Idee vom Wahlkreis ist doch völlig veraltet. Glauben Sie wirklich, die Menschen in Heide und Elmshorn haben irgendein Interesse daran, Politiker zu treffen? Das verwirrt doch nur, das ärgert die Leute, das muss vermieden werden.
NDR: Heide und Elmshorn liegen ja auch gar nicht in Ihrem Wahlkreis.
M.: Da sehen Sie mal. Da stehe ich drüber. Und gewinne. Nur das zählt.
NDR: Herr Dr. M., könnten Sie dieses neue Konzept noch etwas näher erläutern?
M.: Sehen Sie sich doch mal meinen Kurz-Kollegen von den Sozen an. Vier Jahre Kilometer durch die Gegend fressen, jede Milchkanne grüßen, Rosen auf Marktständen an die Mütter drücken. Und was hat’s gebracht? Nix für ihn. Im Gegenteil: Es hat uns allen schwer geschadet. Die Leute wollen uns nicht sehen. Und schon gar nicht mit uns diskutieren. Der Kurz-Kollege hat dauernd sprechen wollen: Mit den Leuten, mit der Zeitung, mit den Tieren. So eine Art Doolittle für Appen und Wörden, wenn Sie so wollen. Das kann nichts werden. Das wurde ja auch nichts.
NDR: Appen und Wörden liegen auch nicht in Ihrem Wahlkreis.
M.: Sehen Sie! Ich sage nur: 40 Prozent! Die Qualität eines direkt gewählten Abgeordneten zeigt sich im Abstand zu seinen ebenfalls angetretenen Kollegen. Da haben Sie es.
NDR: Sehen das die Menschen bei Ihnen zuhause genauso?
M.: Wie soll ich das wissen? Die CDU sieht das so. Das reicht 40 Prozent meiner Wähler.
NDR: Kommen wir auf ein anderes Thema zu sprechen, die Nichtwähler. Macht Ihnen das Sorge?
M.: Ich erzähle Ihnen eine Begebenheit aus der jüngeren Vergangenheit: Einmal im Jahr stelle ich mich auf Einladung der örtlichen CDU in Brunsbüttel....
NDR: Das ist ja in Ihrem Wahlkreis!
M.: Da müsste ich nachsehen. Also, die örtliche CDU hat so eine Art Ritus, den ich von woanders gar nicht kenne. Ich stelle mich da einmal im Jahr für ein Stündchen hinter so eine Art Bücher-, besser wohl Broschürentisch und mache ein aufmerksames Gesicht. Die wollen das so. Und ich mache das dann. So funktioniert Demokratie, wenn Sie so wollen. Den Menschen in Brunsbüttel reicht das. Und die wählen mich dann auch.
NDR: Und die Nichtwähler?
M.: Hören Sie mal! Ich wurde dort gewählt und in Dings und in Bumms und an der letzten ollen Milchkanne auch! Mit 40 Prozent! Wo sollen da Nichtwähler sein? Diese Frage ist ja nachgerade provokant.
NDR: Wie geht es nun weiter?
M.: Wo? Kommen Sie mir nicht schon wieder mit Wahlkreis! Mein Kurz-Kollege soll ja immer noch mit Rosen in irgendwelchen Wohngebieten unterwegs sein. Der hat den Schuss nicht gehört. Armer Soz, sage ich nur. Ich mache so weiter wie bisher. Nur das Tischchen in Brunsbüttel, das spare ich mir endgültig. Ritus hin, Ritus her. Bringt ja nix.
NDR: Und in Berlin?
M.: Da widme ich mich wieder meinem Spezialgebiet. Wie vorher.
NDR: Und das wäre?
M.: CDU.
NDR: Herr Dr. M., wir danken Ihnen für das Gespräch.