Seefahrt ist Not

Elementare Tipps zur Schiffsführung in herbstlichen Stürmen

Morgengrauen in Bonn. Unter großer Mühe hatte sich Björn Engholm aus dem Bette geschält. Zehn Uhr morgens war nicht seine Zeit. Doch wen der Onkel rief, der hatte zu erscheinen. Auch vor Tau und Tag.

Zusammen mit Engholm hatte Peter Glotz zu erscheinen. Der Bildungspapst. Beide trugen ihr Anliegen vor. Müde. Kontrovers. Im Angesicht der Macht. Der Onkel schwieg lange. Ob Glotz auch Pfeife rauchte, ist nicht überliefert. Dann fiel wie Thors Hammer das Urteil des Alten: „Glotz, du baust auf Treibsand!“ Seit dieser Zeit mochte der Peter den Björn etwas weniger gut leiden und die seemännische Metapher war in die Politik eingeführt.

Jahrzehnte später. Es wird kälter in Berlin. Alle holen die Pullover aus dem Schrank. Und die guten Pläne von vor dem Sommer. Es folgen elementare Tipps zur Schiffsführung in herbstlichen Stürmen:

Luv und Lee

Luv ist die Seite, an der es windet. Zuuugewandt, das lässt sich merken. An Luv sind Fregatte „Mutti“, Bark „Sigmar“, das Containerschiff „Frank-Walter“ und Gerda Hasselfeld. Die Jolle „Horst“ wäre gern daselbst, kommt aber mit dem Windmachen nicht schnell genug nach.

In Lee stehen normalerweise die Segel und da lugt der Hermann Gröhe. Meist verdeckt. Im Windschatten. In Luv steht Kubicki und versucht sich daran zu erinnern, ob man hier oder drüben pinkeln sollte. Doch was Ralf kann, das kann Wolfgang schon lange. Pech gehabt.

Leggerwall

Befindet man sich auf Leggerwall, liegt die Küste in Lee und Wind wie Wellen sind auflandig. Höchste Gefahr. Andere müssen helfen, weil man der Gefahr mit Bordmitteln meist nicht entrinnen kann. Der Dobrindt ist auf Leggerwall, Horst macht irgendeinen Wind, Gerda steht gerade ungünstig in Luv und kann der Segel wegen nicht gucken, Schäuble greift behände zum Megafon und ruft Mut zu.

Rot und grün als Systemfrage

Bei der Betonnung und den Farben gibt es zwei Systeme. Bei uns ist rot links. In Japan, den USA und Lateinamerika ist grün links, beziehungsweise rot rechts – von See einlaufend. Wenn das Schulschiff „Seeheim“ in den Regierungshafen segelt, lässt es rot links liegen. Andere Sozis gucken nach dem anderen rot und dem grün gleichzeitig und laufen auf Grund. Siehe Leggerwall.

Kreuzpeilung

Zwei Objekte müssen in dichter Folge hintereinander gepeilt werden. Die Winkel dürfen weder zu stumpf noch zu spitz gewählt werden. Wir stehen also auf dem Schoner „Godesberg“ und peilen zwei Landmarken: den großen „rötlichen Bodo“ und den „lind umwehten Hofreiter“. Der Schnittpunkt beider Standlinien ist der beobachtete Ort. Natürlich müssen alle Messungen für die Eintragung auf der Karte auf die wahren Werte umgerechnet werden. Zu beachten ist die Ablenkung. Die Formel dazu: Ablenkung ist gleich missweisende Peilung minus Kompasspeilung. Wer unbedingt zwischen Bodo und Hofreiter landen will und weder die eigene Missweisung, noch den Windversatz über Grund, noch die eigenen Messfehler kennt, der sollte mal in Kiel anrufen. Die kennen die auch nicht.

Kollisionsverhütungsregeln (KVR)

Die Kollisionsverhütungsregeln gelten auch auf der Spree. Der Kurshalter hat Wegerecht. Er muss Kurs und Geschwindigkeit beibehalten. Das ist in diesem Fall die „Mutti“. Auch wenn die „Siggi“ es gern wäre. Er ist aber im Gefahrfall der Ausweichpflichtige, der klar und eindeutig das Manöver zu fahren hat. Das hat die „Siggi“ nun aber wirklich gut gelernt mit der Klarheit. Siehe Thüringen. Das gibt Anlass zu guter Hoffnung. Allerdings lautet ein Grundsatz der KVR: Backbord-Wind weicht Steuerbord-Wind. Also links weicht rechts. Diese Regel kann nur der Verkehrsminister ändern. Siehe Leggerwall.

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