Hoffnung wagen
Dass der Kampf gegen die Klimaerwärmung die weltpolitische Agenda dominiert, ist auch dem amerikanischen „Beinahe-Präsidenten“ Al Gore zu verdanken. Nach seiner Niederlage bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 wandte er sich wieder jenem Thema zu, das ihn schon seit seiner Studienzeit beschäftigt. Weltweit hält er Vorträge, um vor dem Klimawandel zu warnen. In seinem Film Eine unbequeme Wahrheit präsentiert er charismatisch und rhetorisch geschickt die Fakten zum Klimawandel. Mit überwältigendem Erfolg: Der Film, in dem 93 Minuten lang wenig mehr zu sehen ist als Gore und seine Powerpointfolien, wurde der dritterfolgreichste Dokumentarfilm aller Zeiten und mit zwei Oscars ausgezeichnet.
Doch wieso war Al Gore, der mit einem naturwissenschaftlichen Vortrag dermaßen mitreißen kann, im Präsidentschaftswahlkampf 2000 so hölzern und unauthentisch, dass er selbst neben dem wenig eloquenten George W. Bush blass wirkte – und schließlich verlor? Hätte der leidenschaftliche Umweltschützer im Wahlkampf die Energie- und Klimapolitik thematisiert, also das Thema, das ihn am meisten bewegt, wäre die Wahl womöglich anders ausgegangen.
Diese These vertritt jedenfalls Joe Klein in seinem Buch Politics Lost. Seine Berater hätten Gore damals vom Klimathema abgeraten. Ihre Begründung: Es habe bei den Wählern keine hohe Priorität. So setzte Gore vielleicht auf die richtigen Themen, seine Niederlage geht jedoch auf „weiche Faktoren“ zurück: Er war steif, künstlich und wirkte nicht so, als habe er eine Mission zu erfüllen. Gore vertraute nicht auf seine Überzeugungen, sondern auf die Sprechzettel professioneller Politikberater. Jeder Satz wurde so lange in Umfragen und Fokusgruppen getestet, bis Gore nur noch weichgespülten Einheitsbrei von sich gab. Vier Jahre nach seiner Niederlage resümierte er: „Wenn ich es noch einmal täte, würde ich über das sprechen, was mir am Herzen liegt. Ich würde nicht ständig auf Berater hören oder mich nach Umfragen richten. Ich würde das sagen, was nach meiner Erfahrung das Richtige ist.“
Erstaunlicherweise wiederholte der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry vier Jahre später Gores Fehler. Auch er konnte bei den Wählern kein Vertrauen gewinnen, weil er ebenfalls nicht über seine tatsächlichen politischen Überzeugungen sprach, sondern vermeintlich populäre Positionen vertrat. So äußerte er beispielsweise keinerlei Kritik an den Folterungen durch amerikanische Soldaten in Abu Ghraib – seine Berater waren der Auffassung, Kritik an der militärischen Führung sei in Kriegszeiten nicht populär.
Dabei hatte der hoch dekorierte Vietnamveteran Jahre zuvor amerikanische Gräueltaten während des Vietnamkrieges angeprangert. Joe Klein beschreibt, wie Kerry sein Profil verlor, indem er die moralischen Prinzipien aufgab, mit denen er sich einst einen Namen gemacht hatte. Der Kandidat der Demokraten war so opportunistisch, für den Irak-Krieg zu stimmen, als dieser bei der Bevölkerung hoch im Kurs stand, jedoch später gegen die Finanzierung des Krieges zu votieren, als die Stimmung gekippt war. Als tödlich erwies sich sein Satz „I actually voted for the $87 billion before I voted against it“. In der Folge wurde Kerry von seinem Gegner als „Flip-Flop“– Kandidat dargestellt, der sein Fähnchen prinzipienlos in den Wind hält. George W. Bush hingegen profilierte sich mit dem Satz: „Auch wer mir nicht zustimmt, weiß zumindest, wofür ich stehe.“ Er gewann, trotz des Debakels im Irak.
Harry S. Trumans „Turnip Day“ als Vorbild
Joe Klein zufolge stehen Al Gore und John Kerry für einen Trend, der seit einigen Jahrzehnten in der amerikanischen Politik zu beobachten ist, besonders bei den Demokraten: Politiker vertrauen immer weniger ihrer eigenen Urteilskraft und ihren Überzeugungen, sondern lassen ihre Äußerungen in Meinungsumfragen testen und von Politikberatern massenkompatibel machen. Der Haken an der Sache: Die Strategie geht nicht auf. Geschliffene Reden tun zwar niemandem weh, sie wecken aber auch kein Interesse. So verflacht die politische Debatte in den Vereinigten Staaten zunehmend, und Wähler – siehe Gore und Kerry – lassen sich auf diese Weise ebenfalls nicht mobilisieren.
Als Gegenentwurf führt der Autor Harry S. Trumans legendäre Parteitagsrede aus dem Jahr 1948 an. Spät in der Nacht, am Ende eines Marathonparteitags motivierte Truman seine ermüdeten Delegierten, die die Präsidentschaftswahl aufgrund schlechter Umfragewerte schon so gut wie verloren gegeben hatten, mit seiner mitreißenden „Turnip Day“-Rede. Am Turnip Day wird nach einer Bauernregel aus Trumans Heimatstaat Missouri gesät, was im Herbst als Ernte eingefahren werden soll. Und so streute Truman mit seiner Vision von Bürgerrechten und einer Bildungsexpansion die Saat für den Wahlsieg der Demokraten. Den Begriff „Turnip Day“ verwendet Klein immer wieder als Synonym für eine Politik „from the heart“, die Menschen mitnimmt und begeistert, die authentisch ist und die für Überzeugungen auch gegen Widerstände einsteht.
Einen solchen Turnip Day erlebten die amerikanischen Demokraten bei ihrem Wahlparteitag im Juli 2004, als sich der bis dahin weitgehend unbekannte Chicagoer Lokalpolitiker Barack Obama mit einer fulminanten Rede zum Hoffnungsträger seiner Partei emporschwang und eine wahre „Barackmania“ auslöste. Diese Rede enthielt alles, was sich Joe Klein wünscht: Leidenschaft, Authentizität, eine Agenda. Vier Monate später wurde Obama im Bundesstaat Illinois mit 70 Prozent der Wählerstimmen zum Senator gewählt. Inzwischen ist er einer der Favoriten im Rennen um die demokratische Präsidentschaftskandidatur 2008.
Vorkämpfer eines großzügigeren Amerika
Obama leitete seine Rede damit ein, dass seine Anwesenheit auf dieser Bühne seiner Familiengeschichte nach zu urteilen ein unwahrscheinlicher Umstand sei. Sein Vater wuchs in einem Dorf in Kenia auf, arbeitete dort als Ziegenhirte und kam dann als Student mit einem Begabtenstipendium in die Vereinigten Staaten. Seine Mutter stammt aus Kansas. Beide lernten sich an der Universität von Hawaii kennen und gaben ihrem Sohn den afrikanischen Namen Barack. In einem großzügigen Amerika mit einem durchlässigen Bildungssystem, so Obama, hätten Menschen wie er aber die Chance, alles zu erreichen, unabhängig von ihrem sozialen Status und ihrer Herkunft. Für dieses großzügige Amerika stehe er ein. Er endete mit einem Appell an den Gemeinsinn der amerikanischen Bürger, die sich nicht auseinanderdividieren lassen sollten. Mitten im polarisierenden Wahlkampf 2004 warb Obama für die Vereinigten Staaten von Amerika, in denen sich die Bürger auf ihre Verantwortung füreinander besinnen sollten. Der Titel dieser Parteitagsrede lautete „The Audacity of Hope“ – „Hoffnung wagen“.
Nun hat Barack Obama ein Buch mit gleichnamigem Titel geschrieben, das es sofort in die Bestsellerliste der New York Times schaffte. Das Buch sei die Summe vieler Gespräche, die er als Wahlkämpfer und Politiker geführt habe, schreibt Obama. Bei den Wahlkämpfen sowohl vor der Parlamentswahl des Bundesstaates Illinois als auch später vor den Senatswahlen, habe er stets weniger Geld zur Verfügung gehabt als seine Konkurrenten. Daher habe er auf einen Graswurzelwahlkampf gesetzt und mit jedem geredet, der ihm zuzuhören bereit war.
Aus diesen Erfahrungen gewinnt das Buch seine Lebendigkeit und seine Authentizität. Obama leitet jedes Kapitel mit einer Begegnung ein und zitiert zahllose Gespräche – mit einer mexikanischen Einwandererfamilie, mit Geistlichen in seinem Wahlbezirk, mit dem Aktienspekulanten und Philanthropen Warren Buffett. Diese Menschen, so Obama, äußerten in der Regel bescheidene Wünsche: Jeder, der arbeiten wolle, solle einen Job mit einem anständigen Einkommen bekommen, gute Bildung und einen freien Zugang zu Universitätsbildung unabhängig vom Geldbeutel, Sicherheit, eine saubere Umwelt, Absicherung gegen Krankheit und ein gesichertes Einkommen im Alter – viel mehr würden die Menschen gar nicht verlangen. Und doch sei dies angesichts der Politik der Regierung Bush eine ganze Menge: Sie habe den Staat zusammenschrumpfen lassen und Chancen und Risiken in der Gesellschaft individualisiert.
Das Buch ist nicht in jenem Ghostwriterstil verfasst, der so vielen Politikerbüchern alle Ecken und Kanten nimmt. In der Einleitung schreibt Obama, er habe beim Schreiben – wie auch in der Politik – auf seine eigenen Erfahrungen vertraut. So findet der Autor viele deutliche Worte, wohl wissend, dass ihm einige Ansichten „Probleme bereiten werden“.
Nichtamerikanische Leser dürfte besonders das Kapitel über die internationale Politik interessieren. Obama beginnt mit Erinnerungen an seine Kindheit in Indonesien, wo er mit seiner Mutter lebte. Die wechselvollen Beziehungen dieser beiden Staaten haben Obamas Sicht auf die internationalen Beziehungen geprägt. Sein Fazit: Die Bilanz amerikanischer Außenpolitik ist durchwachsen, insgesamt sind die Vereinigten Staaten jedoch für mehr Gutes als Schlechtes in der Welt verantwortlich. In dem ewigen Konflikt der amerikanischen Außenpolitik zwischen Isolationisten und Internationalisten stellt sich Obama auf die Seite der Internationalisten: Der Jurist tritt für eine demokratische Welt ein, in der selbstbestimmte Völker ihre Konflikte auf der Grundlage des internationalen Rechts lösen.
Weitere prägende Ereignisse für Obamas außenpolitisches Koordinatensystem waren der 11. September 2001 und der Krieg im Irak. Von Beginn an sprach sich Obama vehement gegen die Invasion im Irak aus – zu einem Zeitpunkt, als seine Wahl in den US-Senat noch unsicher war und zwei Drittel der Amerikaner den Krieg befürworteten. Er plädiert für eine neue nationale Sicherheitsstrategie, die anerkennt, dass die größte Gefahr in der Welt heute nicht mehr von feindlichen Nationalstaaten, sondern von privatisierter Gewalt ausgeht. Die amerikanischen Streitkräfte seien im Kampf gegen den Terror nur ein Instrument unter mehreren. Ebenso wichtig seien soft power, Allianzen mit anderen Staaten und multilaterales Vorgehen.
Darüber hinaus ist Obama außenpolitisch von den kenianischen Wurzeln geprägt. Reisen zu Verwandten in Afrika haben ihn für die Probleme der Entwicklungsländer sensibilisiert. Der Kampf gegen Armut und Unterdrückung, schreibt Obama, müsse nicht nur im wohlverstandenen Eigeninteresse des Westens geführt werden, sondern vor allem – und hier zitiert er John F. Kennedy – weil er „richtig ist“.
Die Demokratie: eine nie endende Debatte
Barack Obama hat die renommierte Zeitschrift Harvard Law Review mit herausgegeben und an der Universität von Chicago Verfassungsrecht gelehrt. Es überrascht also nicht, dass er der amerikanischen Verfassung ein ganzes Kapitel widmet. Obama beschreibt sie als ein lebendiges Dokument. Sie habe sich deshalb als äußerst stabilisierend erwiesen, weil sie nicht vorgebe, was amerikanische Politiker denken, sondern wie sie denken sollten.
So hätten die Gründungsväter zum Teil fundamental gegensätzliche Vorstellungen von der Verfassung gehabt. Einig seien sie sich lediglich bei den Grundwerten gewesen, bei der Notwendigkeit der Gewaltenteilung und bei der Zurückweisung uneingeschränkter Macht. Manchem möge die amerikanische Verfassung bisweilen als prinzipienlos erscheinen, schreibt Obama, weil sie während der gesamten wechselvollen Geschichte der Vereinigten Staaten Bestand hatte – allein im 20. Jahrhundert von den Sozialreformen des New Deal bis zur Hysterie der McCarthy-Ära, von der Bürgerrechtsbewegung bis zum Patriot Act. Aber immerhin sei sie die Grundlage für die mit Abstand älteste Demokratie der Welt. Eine Demokratie sei eben kein statisches Gebäude, sondern eine immerwährende Debatte.
In seinem Kapitel über den politischen Alltag in Washington geht Obama auch unbequemen Themen nicht aus dem Weg. Er beschreibt den Druck, Spendengelder zu sammeln, dem jeder amerikanische Politiker ausgesetzt sei. Während seiner letzten Wahlkampagne habe er sage und schreibe drei Monate überwiegend am Telefon verbracht, um Geldgeber für seine Kriegskasse zu gewinnen. Das sei nicht nur unangenehm gewesen, sondern es habe auch seine Wahrnehmung verändert. Zwangsläufig musste er im Wahlkampf die meiste Zeit mit wohlhabenden Menschen verbringen. Unter der Einkommenselite habe er kritische Themen vermieden und stattdessen versucht, die Meinung seiner potenziellen Spender zu antizipieren. Sein persönliches Umfeld sei im Laufe seiner Karriere elitärer geworden.
Obama beschreibt die Janusköpfigkeit der Interessenverbände, auf die die amerikanischen Parteien im Wahlkampf zurückgreifen müssen, weil es ihnen an Mitgliedern mangelt. Dazu gehören Umweltgruppen, Gewerkschaften und Kirchen, aber auch die Waffenlobby National Rifle Association. Die sich daraus ergebenden Verpflichtungen würden den freien Entscheidungsspielraum des gewählten Politikers einschränken, schließlich erwarteten die Unterstützer eine Gegenleistung.
Wo Leidenschaft als gefährlich gilt
Auch dem Medienliebling Obama ist bewusst, dass ihm im 24-Stunden-Medienzeitalter eine einzige unbedachte Äußerung mehr Schaden zufügen kann als jahrelange unbedachte Politik. Die Folgen seien bedauerlich: Ironie sei in Washington ausgestorben, Spontaneität Mangelware und Leidenschaft werde als geradezu gefährlich angesehen. Über einen Konflikt mit einem politischen Gegner gewinne man mehr Bekanntheit, als durch Expertise und Fachkenntnis.
Obama ist glaubwürdig, weil er seine politische Agenda mit eigenen Erlebnissen begründet. Besonders persönlich ist das Kapitel über seine Familie. Darin schildert er die Trennung seiner Eltern, den Tod des Schwiegervaters und die Schwierigkeiten, die er selbst und seine Frau Michelle bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben. Auch in den Familienalltag zwischen Windelwechseln und Kindergeburtstagen gibt er Einblicke. Das alles mag Teil der Klaviatur sein, auf der ein moderner Politiker spielen muss. Anzuerkennen ist aber Obamas Ehrlichkeit: Er räumt ein, dass seine Karriere weit mehr Raum einnehme als die Familienarbeit und seine Frau mit ihrer Karriere als Anwältin zurückstecken müsse. Die größten Zweifel habe er über seine Leistungen als Vater.
Das Kapitel über Wirtschaftspolitik trägt, seinem Optimismus entsprechend, den Titel „Chancen“. Doch unkritisch ist es nicht. Die Globalisierung habe sich insgesamt zwar positiv auf den Wohlstand ausgewirkt, Chancen und Risiken seien aber ungleich verteilt. Obama sieht die Gefahr, dass sich die amerikanische Gesellschaft spaltet: In eine Wirtschaftselite, die ihre Kinder auf Privatschulen schickt und sich von privaten Sicherheitsdiensten schützen lässt, und in eine Gruppe der Verlierer, die unter immer schlechteren Bedingungen arbeiten müssen und denen nur eine marode öffentliche Infrastruktur zur Verfügung steht.
Um diese These zu illustrieren, berichtet Obama auch hier von seinen Gesprächen. Beispielsweise habe ihm der Vizechef der IT-Firma Google, David Drummond erläutert, dass dessen boomendes Unternehmen zwar seinen Sitz in Kalifornien habe, seine Mitarbeiter jedoch im Prinzip überall arbeiten könnten. Die Mehrheit der hoch talentierten Belegschaft sei ohnehin nicht in den Vereinigten Staaten geboren. Zudem schreibt Obama von den entlassenen Arbeitern eines Haushaltsgeräteherstellers, der seine Produktion in ein Billiglohnland verlegt hat. Nach den „Ownerhip Society“-Reformen der Regierung Bush und nach den Steuersenkungen bei gleichzeitiger Privatisierung der sozialen Vorsorge besäßen diese Menschen keine Mittel für Umschulungen mehr und damit wenig Aussichten auf einen neuen Job. Einige könnten nicht einmal mehr ihre Krankenversicherung bezahlen.
Selbsthilfe und handlungsfähiger Staat
An dieser Stelle erinnert Obama an die Verdienste Alexander Hamiltons, der als einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten darauf drang, den libertären zu einem aktiven Staat weiterzuentwickeln, der in Infrastruktur und Menschen investiert und Märkte reguliert. Auch Obama möchte einen handlungsfähigen Staat, der massiv auf Bildung und Forschung setzt, soziale Sicherheit gewährleistet und Energieunabhängigkeit anstrebt. Ein Staat, der in der Tradition von Franklin D. Roosevelts New Deal steht und seinen Bürgern Sicherheit und Chancen gibt, damit sie ihr Potenzial entfalten können. Jeder Bürger solle im Alter sowie bei Arbeitslosigkeit und Krankheit ausreichend abgesichert sein.
Ausführlich thematisiert Obama die Armutsbekämpfung, schließlich war er als junger Mann Sozialarbeiter und Bürgerrechtsanwalt in einem Chicagoer Armenviertel. Doch er drängt nicht auf einen Ausbau der „Affirmative Action“-Programme aus den neunziger Jahren zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Schwarzen und Latinos. Er will diese Programme zwar nicht abschaffen, setzt aber vor allem auf Hilfe zur Selbsthilfe und Eigenverantwortung. Obama möchte Schulen, Weiterbildung und Kinderbetreuung stärken, so dass Workfare – also „Arbeit statt Sozialhilfe“ – ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben sowie Chancengerechtigkeit ermöglicht. Er betont, der Staat könne nicht jedes Problem lösen, wohl aber gewährleisten, dass jedes Kind eine faire Chance erhält.
Joe Klein skizziert am Ende von Politics lost eine idealtypische Alternative zum beraterhörigen und umfragegesteuerten Kandidaten: Dieser müsse ein authentischer Charakter sein, der nicht schauspielert und die Öffentlichkeit nicht für dumm oder gleichgültig hält. Der wenigstens eine Idee vertritt, die in Umfragen weniger als 40 Prozent Zustimmung hat. Der über sich selbst lachen kann, der Emotionen zeigt, der keine Angst hat, schlechte Nachrichten zu übermitteln und auch einmal Fehler eingesteht. Ein solcher Kandidat der Stärke, der Leidenschaft und der Menschlichkeit, der ab und zu einen Turnip Day feiert, wäre ein Gewinn für alle. Und er hätte gerade deshalb bei Wahlen gute Chancen. Barack Obama dürfte für Joe Klein genau der richtige Kandidat sein.